DANIEL SPOERRI
27. März 1930 – 6. November 2024
Wir haben die traurige Pflicht mitzuteilen, dass Daniel Spoerri, der Erfinder des „Fallenbildes“ am Mittwoch, dem 6. November gestorben ist.
Balletttänzer, Regieassistent, Herausgeber von „material“, einer Zeitschrift für Konkrete Poesie in den 1950er Jahren, Mitunterzeichner des Manifests der Nouveaux Réalistes, Objektkünstler, Anstifter zu zahlreichen Kunstprojekten, Erfinder der Eat-art, Gründer der italienischen Stiftung „Il Giardino di Daniel Spoerri – Hic Terminus Haeret“ und der „Daniel Spoerri Privatstiftung“ in Österreich… die Liste seiner Aktivitäten ließe sich noch lange fortsetzen.
Mit seinen dreidimensionalen Stillleben, den „Fallenbildern“ hat Daniel Spoerri sein Publikum bereits 1959 in Staunen versetzt, weil sie dem Gesetz der Schwerkraft zu trotzen scheinen. Bei dieser Erfindung ist es aber nicht geblieben. Immer wieder sorgte Spoerri für Überraschungen. Neben der frühen Edition MAT sind seine Bankette zu nennen, mit denen er als „Eat art“ die Essgewohnheiten der westlichen Gesellschaft reflektierte, in Frage stellte und erfahrbar machte.
Veränderung war Spoerris Devise, es widerstrebte ihm, sich im Bekannten und Bewährten einzurichten.
Seine Neugierde führte ihn von Zürich und Bern nach Paris, wo er mit seinen „Tableaux piège“ vom Balletttänzer zur bildenden Kunst wechselte und sich rasch einen Namen machte. Um dem sich ankündigenden Ruhm und der damit verbundenen Festlegung zu entgehen, zog er sich 9 Monate auf eine kleine griechische Insel zurück. Dort erforschte er die Küche und eröffnete im Anschluss in Düsseldorf das „Restaurant Spoerri“, das schnell zu einem Hotspot in der Kunstszene wurde. Wenig später gründete er im Stockwerk darüber eine „Eat art-Galerie“, in der Arbeiten von KünstlerInnen präsentiert wurden, die sich mit Lebensmitteln auseinandersetzen: Roy Lichtenstein, Dieter Roth, Joseph Beuys und andere.
In Köln übte Daniel Spoerri seine erste Lehrtätigkeit aus. Mit den Studierenden seiner „Multi-Media-Klasse entwickelte er Ausstellungen und andere aufsehenerregende Events. Eine Professur in München kündigte er Mitte der 1990er Jahre; er war der Meinung, dass freie Kunst und Beamtenstatus nicht zueinander passen. In Italien arbeitete er viele Jahre am Skulpturenpark „Il Giardino di Daniel Spoerri“, in dem Installationen von über 50 weiteren KünstlerInnen zu sehen sind. In Österreich gründete er eine weitere Stiftung mit einem Museum für Wechselausstellungen, die sein vielfältiges künstlerisches Werk dokumentieren.
Seit 2008 lebte Daniel Spoerri in Wien.
Für sein Lebenswerk wurde er vielfach geehrt und ausgezeichnet. Jetzt ist er im Alter von 94 Jahren in Wien gestorben.
Auswahl Nachrufe Daniel Spoerri:
https://www.diepresse.com/19041987/der-ewigkeit-in-die-falle-gegangen-zum-tod-von-daniel-spoerri
https://www.tagesanzeiger.ch/daniel-spoerri-ein-letztes-gespraech-mit-dem-kuenstler-380466616552
https://www.nzz.ch/feuilleton/nachruf-daniel-spoerri-topographie-des-zufall-ld.1313909
https://taz.de/Zum-Tod-von-Kuenstler-Daniel-Spoerri/!6047677
https://www.adk.de/de/news/?we_objectID=67350
https://www.kunstforum.de/nachrichten/eine-gefundene-realitaet-erinnerung-zum-tod-von-daniel-spoerri
https://www.diepresse.com/19050960/daniel-spoerri-der-mann-der-sich-mit-blumen-beschenkte
1960 unterzeichnete Daniel Spoerri als Mitbegründer das Manifest des »Nouveaux Réalisme« in Paris, nachdem er zuvor als Tänzer und Regisseur tätig war. Als bildender Künstler wurde er vor allem durch seine »Fallenbilder« (»Tableaux piège«) weltbekannt. Das sind auf Tischplatten fixierte Überreste einer Mahlzeit oder einer anderen zufällig vorgefundenen Situation (Arbeitstisch oder Flohmarktstand).
Eingefangen wird damit ein Stück Alltagswirklichkeit wie in einer Falle (»piège«). Spoerri ist aber nicht nur der Erfinder des »Fallenbildes«. Die damit verbundenen und daran anknüpfenden Ideen gehen weit über ein bildnerisches Prinzip hinaus. Schon früh entstand die »Topographie des Zufalls«, gewissermaßen das literarische Pendant zu der Terrainsuche mittels Alltagsgegenständen. Im weiteren Verlauf machte Spoerri nicht nur mit seinen Bildern von sich reden, sondern durch unterschiedlichste Aktionen und Projekte.
Eat Art
Eat Art, das ist für Daniel Spoerri das Essen und Kochen als Teil des Lebenszyklus. Seine Kunst umfasst Objektkunst und Prozess-Kunst, denn deEat r aufgeklebte Moment ist nur ein Aspekt eines Gesamtzyklus, zu dem Leben und Tod, Verwesung und Wiedergeburt gehören. Zentrale Themen in Spoerris Werk sind der Geschmackssinn des Menschen und das Hinterfragen von Essgewohnheiten. Die Verfremdung von Speisen stellt überlieferte Sinneswahrnehmungen und Traditionen in Frage oder irritiert sie zumindest. Dies sind auch wichtige Elemente bei Spoerris Eat Art Banketten.
Il Giardino di Daniel Spoerri
Seit Daniel Spoerri 1997 in der Toskana den Künstlergarten »Il Giardino di Daniel Spoerri« eröffnete, setzte er seine Assemblagen immer häufiger auch in Bronze um. Es ist ein besonderes Merkmal von Spoerris Arbeitsweise, dass er in dem italienischen Skulpturenpark nicht nur eigene Arbeiten aufgestellt hat, sondern auch Werke befreundeter Künstlerinnen und Künstler. Die über 100 Installationen von mehr als 55 Künstlern können auf dem 14 ha großen Gelände von Ostern bis Oktober erwandert werden.
Leben und arbeiten in Österreich
Seit 2007 hat Daniel Spoerri Wien wiederentdeckt, wo er in den 1980er Jahren eine Gastprofessur innehatte. 2008 brachte er zwei Liegenschaften in Hadersdorf am Kamp, in Niederösterreich bei Krems an der Donau, in eine gemeinnützige Stiftung ein, die unter dem Namen Eat Art & Ab Art als Esslokal, Ereignis- und Ausstellungsort genutzt werden.
Infos über das AUSTTELLUNGHAUS SPOERRI unter www.spoerri.at