Besuch im Skulpurenpark Il Giardino di Daniel Spoerri in der Toskana, Italien

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Raederscheidt = Barbara Räderscheidt
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DANIEL SPOERRI • Il Giardino di Daniel Spoerri

Anfang der 1990er Jahre begann Daniel Spoerri in der südlichen Toskana, ca. 60 km südlich von Siena, einen Skulpturenpark anzulegen. 1997 wurde »Il Giardino di Daniel Spoerri« eröffnet und kann seitdem von Ostern bis Oktober besucht werden. Derzeit sind 113 Installationen von 50 Künstlern auf dem ca. 16 ha großen Gelände zu erwandern. Die Auswahl erlaubt einen Blick in die bewegte Biographie des Künstlers; man nannte den Giardino deshalb auch schon einmal Spoerris »Poesiealbum«. Um alle Installationen sehen zu können, sollte man sich einige Stunden Zeit nehmen und auch einen Besuch in dem zugehörigen kleinen Lokal »Non solo EAT ART s …« einplanen.1997 wurde »Il Giardino di Daniel Spoerri« vom italienischen Kultusministerium als Stiftung anerkannt. Jedes Jahr, am Ostermontag, wird die neue Saison mit einer »Pasquetta« eröffnet, einer Art Osterpicknick. Bei dieser Gelegenheit werden jeweils neue Installationen vorgestellt.

Begeistert sind die Besucher des Skulpturenparks auch von der Landschaft, die sich ihnen darbietet. Das Gelände ist sehr abwechslungsreich. Besonderer Beliebtheit erfreut sich Spoerris Rekonstruktion des Hotelzimmers »Chambre No 13«, das er Anfang der 1960er Jahre in Paris bewohnte. Es besteht ganz aus Bronze. Ein vergoldeter Olivenbaum zieht schon von Weitem die Blicke auf sich, und im »Kreis der Einhörner« fühlt man sich am Nabel der Welt. Von hier aus den Sonnenuntergang zu betrachten, ist ergreifend. Ein weiterer Höhepunkt sind die Skulpturen von Eva Aeppli (1925 – 2015). Der Giardino ist der einzige Ort in Europa, an dem das astrologische Werk der Künstlerin vollständig zu sehen ist. Sie ließ die von ihr genähten Köpfe in Bronze gießen und porträtierte damit die Gestirne.

Der Name »Il Giardino« geht auf eine alte Flurbezeichnung zurück und ist auch die offizielle Adresse der Liegenschaft. Auf älteren Karten wird das Grundstück mit »Il Paradiso« bezeichnet – ein wahrer Paradiesgarten also. Das Motto »Hic Terminus Haeret«, das in roten Eisen-Lettern über dem Eingangstor angebracht wurde, kommt aus dem Manierismus. Der Begriff »haeret« bedeutet haften, kleben, ist also wie geschaffen für einen Künstler, der mit dem Festkleben von Alltagsgegenständen berühmt wurde. Die Lage des »Giardino« in der südlichen Toskana: Rund 60 Kilometer südlich von Siena und zwei Autostunden von Niki de St. Phalles »Il Giardino dei Tarocchi« entfernt.Die Stiftung »HIC TERMINUS HAERET«: Neben Erhalt und Pflege des Skulpturenparks und seiner Öffnung für ein breites Publikum hat sich die Stiftung noch weitere Ziele gesetzt. Sie versteht sich als Bildungseinrichtung, die beispielsweise zum Zwecke kunsthistorischer Forschung (eine umfassende Bibliothek ist vorhanden), zur Abhaltung wissenschaftlicher Symposien u.ä. zu nutzen ist. In diesem Zusammenhang ist auch die Anwesenheit von Stipendiaten erwünscht, die nicht notwendig aus dem Bereich der Bildenden Kunst kommen müssen.

Adresse und Anfahrt

Fondazione »HIC TERMINUS HAERET –IL GIARDINO DI DANIEL SPOERRI«
Strada Provinciale Pescina
Loc. II GiardinoI – 58038 Seggiano (GR)
tel +39 0564 950 553 (Infos,Tickets)
info@danielspoerri.org
www.danielspoerri.org

Tickets und Preise

Erwachsene: € 12,00
Studenten: € 9,00
Kinder unter 8 Jahren frei
Gruppenpreis ab 11 Personen € 9,00

Öffnungszeiten

Geöffnet vom 1. April bis 3. November täglich von 10:00 bis 20:00 Uhr! Letzter Einlass um 17:00 Uhr

16. November bis 22. Dezember: nur an Wochenenden (Sa – So) von 10 bis 15 Uhr.

27. Dezember bis 7. Januar: täglich von 10.00 bis 15.00 Uhr

Kontakte:

+39 0564950553 / +39 333 9447835

info@danielspoerri.org

eatandsleep@danielspoerri.org (Wohnungen)

Um das Gelände zu verlassen, drücken Sie ca 2 Meter vor dem Tor einen kleinen Knopf an einem grünen Pfahl auf der Fahrerseite; das Tor öffnet sich.

Tickets, Öffnungszeiten, Preise im Giardino di Daniel Spoerri

Führungen

Gruppenfü̈hrungen nach Voranmeldung.
Wir bieten Führungen in deutscher, italienischer und englischer Sprache an.
Reservierungen für GRUPPEN & FÜHRUNGEN:
tel +39 0564 950 553 (Infos,Tickets)
info@danielspoerri.org

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Anschrift

Fondazione »HIC TERMINUS HAERET – IL GIARDINO DI DANIEL SPOERRI«
Strada Provinciale Pescina
Loc. II Giardino
I – 58038 Seggiano (GR)

Direktion / Präsidentin der Stiftung

Barbara Räderscheidt

barbara.raederscheidt@spoerri.at

Kuratorin

Susanne Neumann
email info@danielspoerri.org

Administration

Romy Degner
tel +39 0564 950 553 (Infos,Tickets)
email info@danielspoerri.org

Die KünstlerInnen im Giardino di Daniel Spoerri:

Opera / Werk 1

Daniel Spoerri
»Renaissance«
1987/1991, 320 x 41 x 40 cm, Bronze

Auf einer gedrehten Säule hält eine Hand ein vergoldetes Köpfchen in die Höhe, das einer Knospe zu entwachsen scheint. Daniel Spoerri widmete dieses Werk der sizilianischen Stadt Gibellina, die bei einem Erdbeben zerstört wurde. Manchmal fällt ein Sonnenstrahl auf die Säule, was in dem eher dunklen Wäldchen ein besonders schöner Anblick ist.

Opera / Werk 2

Daniel Spoerri
»Marmortisch«
1992, 80 x 240 x 167 cm, Bronze, Marmor

Auf einer mit Bruchsteinen belegten Fläche steht ein Tisch mit einer großen Marmorplatte, an der man sich besonders im heißen Sommer gerne niederlässt und an leicht erhabenem Standort den Waldschatten genießt. Die künstlerischen Elemente dieses Werkes befinden sich auf der Unterseite: Die Platte ruht nicht auf Tischbeinen sondern auf Bronzeguss-Abfällen, die Spoerri in einer Gießerei aufspürte. Ein solcher Fehlguss scheint von einer Skulptur Armans zu stammen.

Opera / Werk 3

Daniel Spoerri
»Einhörner –Nabel der Welt«
1991, je Element 250 x 40 x 50 cm; Ø Installation 8 m, Bronze, Steinmauer

Der Kreis der Einhörner ist eine der ersten Installationen im Giardino. Schon von weitem sieht man die langen Hörner leicht einander zugeneigt in den Himmel ragen. Daniel Spoerri hatte sich lange ein Einhorn, also einen Narwalzahn, gewünscht. Als er ihn endlich besaß, wollte er ihn einigen Studenten vorführen. Etwas aber brachte ihn dazu, das kostbare Stück bei dieser Präsentation in Stücke zu schlagen. – Das Objekt wurde restauriert, die fehlenden Fragmente durch Gold ersetzt. An den Bronzen sind die Bruchstellen deutlich erkennbar. Die Schädel stammen von einem Pferd. Handschuhe halten die Hörner wie Lanzen. Hier oben habe vor Zeiten Seggiano gestanden, behauptet eine Legende. Das malerische Dorf liegt (jetzt) auf dem gegenüberliegenden Hügel.

Opera / Werk 4

Daniel Spoerri
»Idol«
1990, 120 x 90 cm, Bronze

Wer hier eine ethnologische Schnitzerei zu erkennen meint, hat Recht. Anfang der Neunziger Jahre entstand eine Reihe von Assemblagen, für die Daniel Spoerri Masken und andere Objekte fremder Kulturen verwendete. Neben seiner Bewunderung für diese schönen Arbeiten, ermutigte ihn die Beobachtung, dass beispielsweise an afrikanischen Häuptlingshemden oder in Schmuckstücken Elemente auftauchen, die von europäischen Reisenden stammen und in einem anderen Kulturkreis etwas Kostbares sind: Flaschenöffner, Coladosen u. ä. »Ethnosynkretismen« nannte Daniel Spoerri diese Werkserie. Das zusammengekauerte »Idol« ist ein Abguss von einem Südseefetisch und passt gut in dieses Wäldchen, das wie eine Insel im Gelände liegt. Der Hammer mit dem Nagel auf dem Kopf verbildlicht den Ausdruck »Sich etwas einhämmern« .

Opera / Werk 5

Daniel Spoerri
»Eintritt ohne Pantoffeln verboten (Hommage an Joseph Beuys)«
1986, Ø 120cm, Bronze

Der Titel weist die Skulptur als erste Station des Rundgangs aus. Vorbild für die Bronzepantoffeln waren tatsächlich solche Filzpantinen, wie sie bei einer Schlossbesichtigung vergeben werden um die Fußböden zu schonen. Spoerri nimmt Bezug auf einen Künstler, den er sehr schätzt, und dessen Namen man mit Filz verbindet: Joseph Beuys. Allerdings verkehrte er die positiven Eigenschaften dieses Materials (weich, warm) in ihr Gegenteil indem er die Pantoffeln in Bronze gießen ließ.

Opera / Werk 6

Daniel Spoerri
»Ewiges Frühstück«
1994, Ø 63 cm, Bronze

Ein »Fallenbild« darf im Giardino natürlich nicht fehlen. Daniel Spoerris Weg als bildender Künstler begann mit solchen fixierten Alltagssituationen. In Bronze trotzt dieser Frühstückstisch mit Brot und Ei auch Sturm und Regen.

(Vgl. auch Nr. 7)

Opera / Werk 7

Daniel Spoerri
»Mittagstisch in alle Ewigkeit (Fallenbild)«
1994, 69 x 68 x 20 cm, Bronze

Mit dem Namen Daniel Spoerri verbinden die meisten Kunstfreunde die sogenannten »Fallenbilder« . Anfang der 60er Jahre folgte Spoerri einem selbstgestellten Postulat: »Ich klebe Gegenstände in ihrer zufälligen Anordnung so auf ihre jeweilige Unterlage, dass sie nicht mehr verrückt werden können.« Dies war ein Gegenprogramm zu Kunstwerken als individuelle Schöpfungen. Der »Nouveau Réalisme« , dessen Manifest wenig später von Künstlern wie Yves Klein, Arman und Spoerri in Paris unterzeichnet wurde, wollte die Welt so zeigen, wie sie ist und dem Mythos des kunstschaffenden Genius entgegenwirkenden. Ein »Fallenbild« konnte jeder herstellen. Dazu bedurfte es nicht der »Handschrift« eines Künstlers. Für den Giardino ließ Daniel Spoerri zwei Fallenbilder in Bronze gießen (Nr.6 und 7).

Opera / Werk 8

Daniel Spoerri
»Fleischwolfbrunnen«
1962/1991, 325 x 210 cm, Bronze

Eine junge Besucherin, der auffiel, dass Daniel Spoerri immer wieder Fleischwölfe in seinen Skulpturen verarbeitet, fragte, ob dies auf ein traumatisches Erlebnis mit einem solchen Gerät zurückzuführen sei. Tatsächlich ist für Daniel Spoerri die Formenvielfalt dieser Küchenmaschine erstaunlich und reizvoll. Aus demselben Grund sammelte er auch Kartoffelschälmesser oder Brillen). Zum anderen repräsentiert der Fleischwolf den menschlichen Mund, das Zerkleinern der Nahrung, den ersten Schritt auf dem Wege zur Verdauung. Diese grundlegenden Mechanismen haben Spoerri immer fasziniert und schließlich dazu geführt, dass er die »Eat Art« begründete.

Opera / Werk 9

Daniel Spoerri
»Die Tasse«
1991, 71 cm, Ø 104 cm, Bronze, roter Marmor aus Verona

Eine überdimensionale Tasse auf einem antiken Kapitell: Beides sind Fundstücke des Flohmarktgängers Daniel Spoerri, dem es gefällt, Sehgewohnheiten zu unterlaufen und den Betrachter zu irritieren, sei es durch ungewöhnliche Kombinationen, sei es durch einen Perspektivenwechsel (wenn er einen gedeckten Tisch fixiert und senkrecht an die Wand hängt) oder durch veränderte Größenverhältnisse. Ein Echo findet die Riesentasse im Miniatur-Eiffelturm für Nam June Paik (Nr. 71).

Opera / Werk 10

Daniel Spoerri
»Die Spieler«
1985, 6 Skulturen, Ball, Standfläche 8 x 8 m, Bronze

Der Giardino beherbergt 6 Figuren-Gruppen von Daniel Spoerri: Nr. 11, 12, 13, 54 und 73. Die Spieler sind kreisförmig angeordnet und beziehen sich auf eine Kugel in ihrer Mitte. Alle sind etwa gleich weit von ihr entfernt. Jeder nähert sich ihr auf andere Weise: besitzergreifend und zielstrebig der eine (»SS-Offizier« ), tänzerisch der andere (»Stenz« ). Zusätzlich werden sie durch Namen charakterisiert: der Dichter, der Priester, der Verfolgte, der Stenz, die sich kratzende Dame, der Reiter, der SS-Offizier.

Opera / Werk 11

Daniel Spoerri
»Die Geschworenen: Präsident, Angeklagter und 10 Geschworene«
1985, Bronze und Tuffsteintreppe

Am stärksten wirkt diese Installation, wenn man von unten die Treppe heraufkommt. Dann scheinen die Geschworenen einen zu erwarten und man gerät unversehens in die Rolle des Angeklagten, der geduckt, mit flacher Baskenmütze auf dem Kopf, alleine vor Gericht steht. Das Michelin-Männchen als Richter in der Mitte der in leichtem Bogen postierten Figuren ist trotz seines erhöhten Sitzes nicht die Ehrfurcht gebietendste Gestalt. Die Fleischwölfe, die für die anderen Skulpturen verwendet wurden, sind da schon eher einschüchternde Sinnbilder für eine erbarmungslos mahlende Justiz. Der Fleischwolf ist ein wiederkehrendes Element in Spoerris Skulpturen. Wir begegnen ihnen wieder im Fleischwolfbrunnen (8) und bei den »Kriegern der Nacht« (13).

Opera / Werk 12

Daniel Spoerri
»Die Grazierinnen«
1992, 7 Figuren je 180 x 35 cm; Fläche ca. 5 x 8 m, Bronze

Grazile Damen. Damen aus Graz, Der Titel dieser Figurengruppe vermittelt lautmalerisch sowohl etwas Graziöses als auch die gespreizte Künstlichkeit von Models auf einem Laufsteg. Verschiedene Objekte wurden den Büsten als Köpfe aufgesetzt und werden getragen wie mondäne Hüte: Ackergeräte, ein Knochen, ein Flaschentrockner, den Kenner der Kunstgeschichte unweigerlich mit dem Namen Marcel Duchamp in Verbindung bringen werden, der hier aber als luftiger Sonnenhut fungiert.

Opera / Werk 13

Daniel Spoerri
»Krieger der Nacht«
1982, 13 Figuren je 136 x 90 cm, Fläche: 8 x 6 m, Bronze

In dieser frühen Figurengruppe wurden wieder Fleischwölfe mit Hutmodeln kombiniert. Sie stehen im Wasser und haben schnell eine schwarze Patina angenommen. Das unterstützt den Eindruck kampferprobter Rüstungen; ein kleines Heer, das aus einem Teich auftaucht.

Opera / Werk 14

Eva Aeppli
»Einige menschliche Schwächen:
Faulheit (Mond), Neid (Merkur), Wollust (Venus), Stolz (Sonne), Zorn (Mars), Völlerei (Jupiter), Geiz (Saturn)«
1993/94, 7 Elemente je 38 x 31 cm; Standfläche 12 x 1 m, Bronze auf grünem Marmorsockel

Die negativen Aspekte der Planeren sind verantwortlich für negative oder lasterhafte Seiten am Menschen. Eva Aeppli nennt sie nachsichtig »menschliche Schwächen« . Von links nach rechts sind es: Die Faulheit (Mond), der Neid (Merkur), die Wollust (Venus), der Hochmut (Sonne), der Zorn (Mars), die Völlerei (Jupiter) und der Geiz (Saturn). Wie alle anderen Köpfe der Künstlerin im Giardino so sind auch diese ursprünglich genäht. Die feine Textur des Seidenstoffes kann man bei näherer Betrachtung der hochwertigen Güsse eines Pariser Gießers gut erkennen.

Opera / Werk 15

Eva Aeppli
»Die andere Seite«
1974/1980, Bronze

Der Versuch, ihre Figuren zu kleben statt zu nähen, misslang. Zwei Köpfe von fünf solcher Figuren landeten jedoch nicht auf dem Müll, sondern wurden von dem Ehepaar, das damals Eva Aepplis Haushalt und Gemüsegarten betreute, als Vogelscheuchen eingesetzt. Daniel Spoerri erinnert sich, dass sie als Zielscheibe für das Luftgewehr dienten. Einen weiteren der missglückten Köpfe schenkte Eva Aeppli Daniel Spoerri, der ihn in einer Assemblage mit einem alten Hackbrett verwendete. Als Eva Aeppli nach einer Zeit den Kopf wieder sah gefiel ihr der eingefallene verschrumpelte Zustand und sie brachte ihn zu einem Bronzegießer. Eingebettet zwischen zwei mächtige Äste eines Olivenbaums scheint er die vorbeispazierenden Besucher zu beobachten. Seine leeren Augenhöhlen sehen jedoch in andere Tiefen.

Opera / Werk 17

Daniel Spoerri
»Tintin-Elefant«
1993, 194 x 80 cm, Bronze

Den Titel verdankt diese Skulptur ihrer Ähnlichkeit mit dem rundköpfigen Helden der belgischen Comic-Serie »Tim und Struppi« von Hergé. Der Elefantenrüssel ist die Schlauchzuleitung der Trockenhaube, die hier verwendet wurde. Spoerri kaufte sie auf einem Flohmarkt. Der Händler verlangte einen hohen Preis und Spoerri versuchte zu handeln. Der Verkäufer hatte jedoch ein triftiges Argument: »Wenn so ein Künstler kommt wie Arman, dann macht er Kunst da draus und verkauft es für das zehnfache.« Spoerri fragte: »Und wenn zum Beispiel Daniel Spoerri käme?« – »Dann wäre es noch drei Mal teurer!«

So zahlte er den zuerst geforderten Preis und entfernte sich unerkannt.

Opera / Werk 17

Daniel Spoerri
»Schädelbaum«
1993, 130 x 150 cm, Bronze

Auch Schädel gehören zu den wiederkehrenden Elementen in Spoerris Werk. Der Giardino beherbergt eine ganze »Schädelkapelle« (Nr. 26). Hier aber sind sie Teil eines makaberen totemistischen Buketts. Auf drei Baumstämmchen sind sie oben aufgepflanzt und mit verschiedene Asseçoires versehen. Es sind zum Beispiel hölzerne Küchengeräte, die einen der Köpfe schmücken. Das hat einen doppelten Effekt: zum einen bewirken die banalen Gegenstände eine komische Entschärfung des Todes, zum anderen haben die Holzquirle formal Ähnlichkeit mit kleinen Kronen. Entsprechend sind sie königsblau und golden gefärbt ein überzeugender Kopfschmuck.

Opera / Werk 18

Daniel Spoerri
»Blumenstrauß«
1994, 210 x 90 cm, Eisen, Spiegel, Marmor

Im Wald, nur 100 Meter hinter unserem Rücken wenn wir den Blumenstrauß betrachten, steht im Unterholz, wie die Wegmarke eines Kopfjägerstammes, der »Schädelbaum« (Nr.17). Hier nun präsentiert uns Daniel Spoerri ein weiteres unkonventionelles Gebinde: Ein plattgefahrener Eimer bildet die »Vase« für den Blumenstrauß aus Spiegeln, verschiedenem Gestänge und einer Maronipfanne.

Opera / Werk 19

Daniel Spoerri
»Die Schöne und das Biest«
1985/1996, Bestie: 206 x 46 cm, Schöne: 40 x 35 cm, Bronze

Auch hier wurde ein Fragment einer traditionellen Figur mit einer Assemblage von Daniel Spoerri kombiniert (vgl. Nr.20). Mit drohender Gebärde fuchtelt ein Monster am Bachlauf herum angesichts einer sich im Wasser spiegelnden Schönen, die es gar nicht zu bemerken scheint, so versunken ist sie in ihr eigenes Spiegelbild. Das »Biest« fletscht die Zähne (für den Kopf diente eine Zitlala-Maske aus Peru) und wirkt doch eher hilflos, schon weil es wegen seiner Körperfülle nicht besonders wendig zu sein scheint.

Opera / Werk 20

Daniel Spoerri
»Der Teufel und die Schamlose«
1985/1997, Teufel: 165 x 44 cm, Schamlose: 65 x 100 cm, Bronze, Stein, Stacheldraht

Dies ist eines von den vier Paaren die von Daniel Spoerri im Giardino zu finden sind. Die »Dame« ist ein Bruchstück, das er in Pistoia auf einem Antikmarkt entdeckte. Im Liegen hebt sie ihren Rock verwerflich hoch – sündhaft geradezu – und zieht damit den Teufel an.

Das erotische Drängen und Treiben in waldnaher Umgebung kann als eines der Themen des Giardino angegeben werden (Nr.31 oder Nr.19).

Opera / Werk 21

Pavel Schmidt
»Nicht öffnen bevor der Zug hält«
(»Venus und David zwischen den Puffern«)
1996/ 97, Eisen, Stein

Es scheint eine Mischung aus Ekel und Amüsiertheit, die Pavel Schmidt veranlasst, sich immer wieder mit den Adaptionen von Michelangelos David und Botticellis Venus aus der Kitschindustrie zu beschäftigen. Er sprengte solche Figuren schon in die Luft und verband die Fragmente mit Heftpflaster oder Zollstöcken oder stellte – einem Adernsystem vergleichbar – Verbindungen mit weingefüllten Plastikschläuchen her. Im Giardino nun können die beiden zueinander nicht kommen. Auf kreuzförmig angeordneten Eisenbahnpuffern schauen sie in entgegengesetzte Richtungen, aber – so merkt der Künstler augenzwinkernd an – wer weiß, wie es des Nachts zugeht.

Opera / Werk 22

Daniel Spoerri
»Santo Grappa«
1970, Bronze

Mit seiner ersten Skulptur in Bronze (1970) wollte Daniel Spoerri ein Zeichen gegen den zunehmenden Alkoholkonsum setzen. Im Restaurant Spoerri in Düsseldorf, wo er jeden Abend mit den Gästen trank, war er in dieser Hinsicht sehr belastet. Es entstand also der »Santo Grappa«, ein Stuhl mit einer furchterregenden Maske darüber. »Die Leute haben nicht verstanden«, sagt Spoerri, »wie ich mich einem Monster auf den Schoß setzen konnte, das mich unterdrückte – dem Grappa – der irgendwie zu einer Art Schutzpatron für mich geworden ist.« Im Giardino wurde die Skulptur vor einer alten Stützmauer aufgebaut, hinter dem sich der sogenannte »Schweinewald« erstreckt. Die Installation wird zu einer Art Feldaltar. Weitere Abgüsse des Werkes befinden sich in Museen in Solothurn, Amsterdam und Wien

Opera / Werk 23

J.R. Soto
»Penetrable sonore«
1997, 350 x 400 x 300 cm, Eisenrahmen, Klangstäbe aus Alluminium, ø 2- 10 cm

Neben den Installationen »Othello und Desdemona« (39) und Dieter Roths »Faxgeklingel« (46) ist dies eine weitere klingende Skulptur im Giardino. Begehbare Töne, die die Besucher begeistern, aber der Glockenklang, den Eintretende auslösen, störte die Ruhe der Nachbarn; so wurde der große Kubus im Jahre 2006 vom Hügel herab an seinen jetzigen Standort verpflanzt Schon Sotos kinetische Objekte der Fünfziger Jahre sollten die statische Betrachtung in Bewegung versetzen und den Blick irritieren. Die begehbaren Klangskulpturen sind nicht mehr reine Anschauungsobjekte. Sie realisieren sich erst durch die (behutsame) Benutzung des Rezipienten.

Opera / Werk 24

Daniel Spoerri
»Werwölfchen«
1997, 181 x 25 cm, Bronze

Erschrecken und mit gleicher Geste den Schreck bannen – das scheint ein Prinzip der Spoerri’schen Kunst zu sein. Eine von George Maciunas herausgegebene Postkartenserie, die Daniel Spoerri mit Robert Filliou collagierte, hieß »Monsters are inoffensive« (also etwa: Ungeheuer sind halb so wild). Daran fühlt man sich erinnert, wenn man den diminutiven Titel »Werwölfchen« liest, aber auch wenn man die kleinen Zähnchen sieht, dessen Füße (Schuhe) so brav beieinander stehen. Das Fürchterliche wird im Rahmen gehalten durch drei Schraubzwingen.

Opera / Werk 25

Katharina Duwen
»Abfall aus der Bronzezeit«
1997, 350 x 400 cm, Höhe: 250 cm, Stein, Bronze

Wie auf einer illegalen Müllkippe liegen in Duwens Werk die unterschiedlichsten Gegenstände beieinander: Autoreifen, diverses Gestänge, ein zerschlissener Koffer, eine kaputte Leiter, ein Wäschekorb und eine tote Katze, die zu einem Objekt unter vielen wird. Die Abfallstücke sind aus Bronze, und das wirkt der Vorstellung von Fäulnis und Zerfall entgegen. Vergessen wir auch nicht, dass wir wichtige Kenntnisse über vergangene Kulturen der Untersuchung antiker oder vorgeschichtlicher Müllhalden verdanken. Ein mittelalterlicher Schuttabladeplatz lässt Archäologenherzen höher schlagen, denn er legt Zeugnis vom Alltag unserer Vorfahren ab.

Opera / Werk 26

Daniel Spoerri
»Schädelkapelle«
CAPUT IPSE HOMO

1997, 350 x 400 cm, Höhe: 250 cm, Sammlung von tibetischen Mönchsschädeln, koptischen und ägyptischen Mumienköpfen und Affenschädeln mit Kappen aus verschiedenen Kulturen

Stein, Bronze

Tibetische Mönchsschädel, zwei Mumienköpfe und Affenschädel bilden den Schatz dieser Kapelle, ehemals ein Kaninchenstall. Daniel Spoerri hat vieles gesammelt, auch Schädel.Das Motto über dem Eingang lautet »Caput ipse homo« – Der Kopf steht stellvertretend für den ganzen Menschen.

Opera / Werk 27

Roland Topor / Daniel Spoerri
»Die versponnene Leserin«
1997, 126 x 40 x 80 cm, Marmor, Bronze

Als Daniel Spoerris guter Freund Roland Topor 1997 starb, gab dies für ihn den Ausschlag, Paris zu verlassen und ganz in den Giardino zu ziehen. Es war selbstverständlich, dass dort, wo alle Künstlerfreunde und wichtige künstlerische Begegnungen durch Werke dokumentiert sind, auch etwas an Topor erinnern sollte. Skulpturen von Roland Topor gibt es allerdings nicht. Er war Satiriker und Zeichner. So wählte Spoerri eine Zeichnung aus. Diese Grafik war die Grundlage für die Skulptur, die wir jetzt im Giardino sehen. Nach einem Tonmodell wurde sie in Carrara von einer »scalpellina« in Marmor gehauen.

Opera / Werk 28

Daniel Spoerri
»Das Dichtergrab«
1997, 90 x 120 x 100 cm, Stein, Efeu, Bronze

Ein großer, mit Efeu bewachsener Stein erhebt sich aus der Wiese und dem Unterholz. Darauf entdeckt man zwischen den Blättern zwei ineinander verschlungene Hände aus Bronze: Zeichen der Brüderlichkeit oder der Freundschaft, Symbol kultureller, gemeinnütziger oder politischer Vereinigungen. Als Daniel Spoerri diesen Stein zum Dichtergrab machte, dachte er an den Romantiker Heinrich von Kleist, über den es im Lexikon heißt: »Ohne literarischen Erfolg, an menschlichen Bindungen zweifelnd und über die politische Lage verzweifelt, nahm er sich gemeinsam mit der unheilbar kranken Henriette Vogel am Wannsee das Leben. Kleist starb am 21.11.1811.«

Opera / Werk 29

Daniel Spoerri
»Voliere der schlafenden Vögel«
1997, H.: 200 cm, Ø 300 cm
Sammlung von »nature morte« diverser Künstler,
XIX und XX Jahrhundert, Bronze, Ziegelsteine, Eisen

Was von weitem wie ein typisches Element klassischer Parks und Gärten aussieht – eine Voliere für kostbare Vögel – entpuppt sich bei näherer Betrachtung als schauerliches Behältnis, in dem ein Massensterben stattgefunden hat. Beim Anblick der kleinen Vogelleiber am Boden des Käfigs denkt man unweigerlich an Umweltkatastrophen. Die Bronzevögel weisen Daniel Spoerri wieder einmal als Sammler aus. Er trug die verschiedenen Modelle im Laufe einiger Jahre überwiegend von französischen Flohmärkten zusammen. Im 19. Jahrhundert wurden diese Figuren auf Kindergräbern angebracht. Man nennt sie in Fachkreisen euphemistisch »schlafende« Vögel.

Opera / Werk 30

Daniel Spoerri
»Gewächshaus der elektrischen Blumen«
1997, 250 x 184 x 204 cm. Aluminium, Blumentöpfe, Lampen

Nach der Voliere mit toten Vögeln (29) stößt der Besucher auf ein Gewächshaus, wie es üblicherweise zum Schutz junger oder empfindlicher Pflanzen eingesetzt wird, hier jedoch höchst artifizielle, elektrische Blumen enthält: In den Blumentöpfen leuchten amerikanische Glühbirnen, mit blauen und roten Glühfäden in Form kleiner Blümchen. Besonders wirkungsvoll ist diese

Opera / Werk 31

Daniel Spoerri
»Balzendes Paar«
1992, Weibliche Figur: 196 x 65 x 40 cm, Junge: 150 x 60 x 35 cm, Bronze

Die Dame spreizt sich und weckt das Interesse des Jungen, der noch etwas ungelenk da steht und der Unschuldigere von den beiden zu sein scheint. Das Paar hat sich zurückgezogen. Balztanz und erotische Annäherung verlangen Intimität. Vielleicht kommt diese Station dem literarischen Vorbild am nächsten, das Daniel Spoerri im Zusammenhang mit seinem Giardino anführt: »Der Traum des Polyphilos«, ein Francesco Colonna zugeschriebenes Buch aus dem 15. Jahrhundert, in dem der Protagonist auf der Suche nach seiner Geliebten, mal wachend mal träumend, verschiedene Stationen durchläuft,. Der Rundgang durch den Giardino führt zu Begegnungen mit unbekannten Wesen, die einem in den Sehnsüchten und Gewohnheiten, die sie ausdrücken, doch vertraut vorkommen.

Opera / Werk 32

Esther Seidel / Patrick Steiner
»Der Seher«
1996/97, 350 x 120 x 140 cm, Bronze, Travertin

Wie Othello und Desdemona (39) ist auch der Seher die Gemeinschaftsarbeit eines Paares. Esther Seidel schuf den Mann mit geschlossenen Augen, der hinter Baumstämmchen und Ästen stehend den Blick ins Weite noch zu scheuen scheint. Er ist aber barfuss und damit der Natur schon ein Stück näher als sein Mantel vermuten lässt. Den schützenden Raum, eine Nische aus Travertinplatten errichtete Patrick Steiner.

Opera / Werk 33

Alfonso Hüppi
»Turm der Liebenden«
1997, H.: 3.60 m, Ø 6.00 m, Ziegesteine, Bronze, Eisen, Marmor

Als Ort des Rückzugs (wenn man die angestellte Leiter mit hineinnimmt in das Innere des Turms) fügt sich dieses kleine Bauwerk von Alfonso Hüppi in die Reihe der Skulpturen, die das Paarungs- und Balzverhalten und die Spannung zwischen den Geschlechtern zum Thema haben. Zugleich aber ist der Turm mit den dunklen Raben auch ein Trauermonument. Man erinnert sich an das Motto, das in großen Lettern am Eingang des Giardino steht: »Hic terminus haeret« – »Hier haftet das Ende«, wobei Daniel Spoerri die Übersetzung des Begriffs »terminus« lieber mit »Grenze« oder »Übergang« übersetzt.

Opera / Werk 34

Bernhard Luginbühl
»Bauern-Denkmal (Monte Amiata-Stengel)«
1998, Höhe: 700 cm, Eisen

Lange wünschte sich Daniel Spoerri eine Eisenskulptur seines Schweizer Freundes für den Giardino. Schließlich brachte dieser das großzügige Geschenk: Ein eingespieltes Team (Luginbühls Söhne)brauchten nur wenige Stunden um die vorbereiteten Stücke zusammenzubauen. Das Monument besteht aus aus Pflügen und Teilen von Landmaschinen – Zeichen der Kraft – und man interpretiert nicht zu viel hinein, wenn man in der entschiedenen Vertikalität ein Symbol für Fruchtbarkeit sieht.Die Signatur des »Bauern-Denkmals« ist auf einem Schraubenschlüssel, an einem Zahnrad unten links zu finden.

Opera / Werk 35

Daniel Spoerri
»Grassofas«
1985/ 1993, 129 x 279 x 80 cm, Eisen, Erde, Gras

Die mit Gras bepflanzten altmodischen Fauteuils bedürfen aufwendiger Pflege. Im Sommer brennt die Sonne einfach zu stark, das Eisengerüst heizt sich auf und das Gras verbrennt trotz kontinuierlicher Bewässerung. Daniel Spoerri erinnert sich mit Grauen an das Schneiden der Rasenränder unter der Aufsicht seiner strengen Tante. Die beherrschte, zurechtgestutzte Natur ist auch das Thema dieser Arbeit. Es ist gewissermaßen eine Variation einer früheren Aktion, bei der er seinen Händeabdruck so auf einer frisch eingesäten Fläche hinterließ, dass sie deutlich zu sehen blieb: »Wo der hinfasst, wächst kein Gras mehr«, lautete der Titel des Werkes aus dem Jahre 1964.

Opera / Werk 36

Daniel Spoerri
»Labyrinthischer Mauerweg«
1996 / 1998, H: 50 cm Fläche: 60 x 40 m, Stein, Zement, Gras

Die Abbildung einer präkolumbianischen Felsritzzeichnung weckte Daniel Spoerris künstlerisches Interesse. Er veränderte die Linienführung geringfügig um eine labyrinthische Form zu schaffen, die mit einem niedrigen Mäuerchen gewissermaßen auf die Wiese gezeichnet wurde. Sie erstreckt sich über den ganzen Hang. Spoerris Überraschung war groß, als er erfuhr, dass die Originalzeichnung nur etwa 50 x 40 cm misst. Gegenstand der Darstellung ist ein doppelgeschlechtliches Wesen mit Phallus und Brüsten, die kosmische Vereinigung von Mutter Erde und Vater Sonne symbolisierend

Opera / Werk 37

Daniel Spoerri
»Der Voyeur«
1996-1998, 320 x 160 x 300 cm, Fernglas, Eisen, Bronze

Durch das Fernrohr auf der kleinen Plattform kann man drei Säulen mit kleinen Skulpturen auf einer Wiese in nördlicher Richtung betrachten: »Ochsenkopf«, »Dreifuß«, »Schnee-Engel«. Aus der Nähe sind diese Figuren nicht gut zu sehen weil sie so hoch oben stehen und die Platten, auf denen sie befestigt sind weit überragen. Der Titel »Voyeur« spielt auf das heimliche Spionieren an – der Blick durch das Fernrohr ist auch der Blick durch’s Schlüsselloch.

Auch das Spiel mit Größenverschiebungen ist Bestandteil dieser Installation, das am Eingang des Giardino schon mit der Riesen-Tasse angesprochen wurde.

Opera / Werk 38

Jean Tinguely
»Große Lampe für Daniel Spoerri«
1985, 215 x 170 x 90 cm, Eisen, Motor, Lampen, Knochen

Ein Jahr vor der Entstehung dieses Werkes hatte Jean Tinguely die »Cafeteria zur Münz« in Zürich gestaltet. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass Daniel Spoerri einen wesentlichen Impuls zu dieser Arbeit lieferte. Spoerri lehrte damals an der Kunstakademie in MünchenAls Tinguely seinen Freund einmal in dessen Münchener Atelier besuchte, faszinierte ihn eine neue Arbeit besonders: ein leuchtendes Bild mit einem Knäuel von Lichterketten und Lämpchen, die Spoerri auf einem Münchener Flohmarkt erstanden hatte. Tinguely wollte das ‚Lampen-Bild‘ gerne haben und gab Spoerri dafür sein Objekt »Große Lampe«.

Opera / Werk 39

Eva Aeppli/Jean Tinguely
»Othello & Desdemona«
1990-1991, 230 cm x 340 cm x 120 cm, Eisen, Elektromotor, Stoff

Jean Tinguely ist bekannt für seinen Maschinen, die in aberwitzigen Bewegungen rotieren, klingeln und rappeln; mit Eva Aeppli hingegen verbindet man unbewegliche würdevolle, auch traurige Figuren, die stumm durch einen hindurchzuschauen scheinen. Oft sind es Augenlose voll Schmerz und Gram. »Ich möchte, dass sie fliegen« wünschte sich Eva Aeppli und ihr Freund Jean Tinguely sorgte dafür. Zwar wurden sie dadurch nicht leicht und schwerelos – das war bei Tinguely auch nicht zu erwarten – aber sie zappeln und rütteln und werden lebendig. So entstanden einige Gemeinschaftsarbeiten, von denen Daniel Spoerri eine geschenkt bekam.

Opera / Werk 40

Karl Gerstner
»Platons Wald«
1998, weisse Farbe, Bäume

Karl Gerstner gehört Daniel Spoerris ältesten Freunden. Ein Werk von ihm gehörte also unabdingbar in den Giardino. Da Gerstner vor allem als Maler und Grafiker bekannt ist, der sich mit feinsten chromatischen Abstufungen beschäftigt, bedurfte es einiger Vorüberlegungen. Schließlich setzte er mit »Platons Wald« eine feinsinnige, ausgeklügelte Idee um. Die Partiell weiß gestrichenen Stämme der Kiefern scheinen keiner besonderen Ordnung zu unterliegen. Von einem bestimmten Punkt aus betrachtet ergeben die weißen Flächen jedoch einen exakten Kubus.

Opera / Werk 41

Erik Dietman
»Olivengespensterchen«
1997/1998, Gusseisen

»Les nains diaboliques protègent les oliviers et Dadanier Pour le Giardino contre les Jarres Dino«. Erik Dietman stellte diese Gnome aus Polistrol im Giardino her und ließ sie dann in Gusseisen gießen. Seine Vorliebe für Sprachspiele zeigt sich im wortreichen Titel« Daniel Spoerri erläutert den Begriff »Dadanier«: Dieses Wort erfand Gherashim Luca1962 in der Aktion »Exactamo“ (genaues Wort) für mich. Es setzt sich zusammen aus: Daniel, Dada und der Endung »nier«, die verneinen oder abstreiten bedeutet, aber auch die Endsilbe für Obstbäume ist, also zum Beispiel »Pommier«, »Poirier«; in diesem Fall »Olivier« (Olivenbaum).

Opera / Werk 42

Daniel Spoerri
»Chambre No. 13 de l’Hôtel Carcassonne Paris (1959-65)«
1998, Bronze, 250 x 300 x 500 cm, Bronze

»Zimmer Nr. 13, Hotel Carcassonne, Rue Mouffetard 24, Paris 1959 – 65« steht handschriftlich an der Außenwand der Rekonstruktion dieses Zimmers (die sogenannte »Holzversion«), das dem Bronzegießer als Vorbild diente, und das sich heute im Besitz der Galerie Henze & Ketterer befindet. In diesem engen Hotelzimmer entstand das erste »Fallenbild« (vgl. Nr. 6 und 7) und Daniel Spoerri, der als Tänzer nach Paris gekommen war, begann seinen Weg als bildender Künstler. Kurz darauf unterzeichnete er mit einigen anderen Künstlern das Manifest des »Nouveau Réalisme«, das zu einem festen Begriff in der Kunstgeschichte geworden ist. Der Realitätsnähe verpflichtete man sich und setzte ein Zeichen gegen die gestische und abstrakte Malerei beispielsweise des Tachismus.

Um das Hotelzimmer zu rekonstruieren, musste sich Spoerri jedoch auf sein Gedächtnis stützen, denn es wurde ihm nicht gestattet, die genauen Maße in dem Hotel zu nehmen, das noch unverändert dasteht.

Mit Hilfe des Bronzegießers Pietro Caporrella hat Daniel Spoerri sich einen lang gehegten Wunsch erfüllt: ein ungemachtes Bett aus Bronze. Zugleich hat er ein riesiges »Fallenbild« geschaffen, das zwar nicht ganz senkrecht gestellt wurde, aber doch auf ein doppelt geneigtes Fundament, das dem Eintretenden Schwindelgefühle verursacht. Darin ist eine Referenz an den Garten von Bomarzo zu sehen, den berühmten, in der Zeit des Manierismus entstandenen Park. Dort ist ein »Schiefes Haus« eines der spektakulärsten Elemente.

Opera / Werk 43

André Thomkins
32 Palindrome
1968, Emailschilder, je ca. 25 x 70 cm

Palindrome sind eine Aneinanderreihung von Buchstaben und Wörtern, die sowohl vorwärts als auch rückwärts gelesen werden können. Die im »Giardino« zu bestaunenden Exemplare waren Ende der Sechziger Jahre wie Straßenschilder an der Außenwand des »Restaurant Spoerri« in Düsseldorf angebracht und widmen sich auch inhaltlich an Daniel Spoerri als Koch und Restaurantführer. André Thomkins hat sie für seinen Freund erfunden. Zu Thomkins’ berühmtesten Palindromen zählen: »Oh cet echo!« und »Dogma I am God«.

Opera / Werk 44

Paul Talman
»Kathedrale No.6«
1987, 40 x 40 x 30 cm, Carrara Marmor

Edith Talman hat der Stiftung »Il Giardino« ein Werk ihres Mannes geschenkt, das dieser kurz vor seinem Tode vollendet hatte. Es stammt aus einer Serie von acht Modellen. Talmans Modelle sind Variationen eines Themas, inspiriert vom Studium der Dreidimensionalität. Typisch für sie ist unter anderem die Anordnung von parallelepipedonischen Elementen in vertikaler Ausrichtung, die im Zentrum von zwei übereinanderliegenden Plattformen horizontal unterbrochen werden. Der Titel weist über eine rein formale Arbeit hinaus. Der gewählte Standort, eine kleine Lichtung, trägt dem Rechnung, und wenn manchmal ein Sonnenstrahl auf die kleine Skulptur fällt, so passt das zu einer Kathedrale.

Opera / Werk 45

Paul Wiedmer
»Drachen«
1998, 300 x 300 x 800 cm, Eisengestell, Efeu, Gas

Im Frühjahr 1989 besuchte Daniel Spoerri Paul Wiedmer in Cività d’Agliano und sah einen großen, feuerspeienden Drachen. Paul Wiedmer hatte eine Eisenkonstruktion mit Efeu und wilder Wein überwuchern lassen, was den Eindruck von Schuppenhaut vermittelt. Vielleicht erinnerte dieses Wesen Daniel Spoerri an ein Projekt mit Jean Tinguely und anderen Künstlerfreunden zur Einweihung des Centre Pompidou in Paris 1977: das sogenannte «Crocrodrome». Jedenfalls bat Wiedmer, solch ein eisernes Ungeheuer auch im Giardino zu installieren. Dort lauert er nun am Rande einer kleinen Lichtung und empfängt die Besucher mit flammendem Atem.

Opera / Werk 46

Dieter Roth
»Faxgeklingel«
um 1970 / 1998, Raum: 400 x 400 x 360 cm, Efeu, Computer, Türklingeln

Die Idee zu dieser Installation entstand im Zusammenhang mit einem Projekt von Jean Tinguely: der »Cyclop«, eine große Skulptur, die Tinguely bei Paris realisiert hat. Dieter Roth plante eine Maschine, die alle eingehenden schriftlichen Mitteilungen in Töne umsetzen sollte. Das Projekt wurde jedoch verworfen und erst 20 Jahre später im »Giardino« verwirklicht. Das Gerät wurde Dieter Roths Wunsch entsprechend unter einem Baum eingerichtet. In den Zweigen hängen Klingeln wie versteckte Nester und entsenden Töne – Stimmen zum Gedenken an Dieter Roth, der starb kurz bevor er in den »Giardino« kommen wollte.

Opera / Werk 47

Luciano Ghersi
»Treffpunkt der Fakire«
1998, 200 x 60 x 60 cm, Eisen, Stacheldraht

Am Beispiel dieser mit Stacheldraht bezogenen Stuhlgruppe, die gar nicht so unbequem ist wie sie aussieht, kann man deutlich machen, dass man mit Überraschungen rechnen muss, wenn man im Werke im Freien installiert. Die Sitze standen fast unsichtbar unter den herabhängenden Zweigen einer Trauerweide. Die aber fiel einem Sturm, dem Alter oder auch gärtnerischem Übereifer zum Opfer und der idyllische lauschige Sitzplatz ging verloren. Luciano Ghersi ist ein Künstler, der webt. Dazu verwendet er alle möglichen Materialien, eben auch Stacheldraht. Im italienischen Titel erklärt er die Stühle zu einem guten Sitz für die Regierung, der man nicht nur in Italien kein sanftes Ruhekissen wünscht.

Opera / Werk 48

Eva Aeppli
»Furien«
1977-78/ 1999, 180 x 25 x 25 cm, Bronze auf Marmorsockeln

Der Ausdruck in den Gesichtern der »Erinnyen« oder »Furien« wirkt besonders offensiv. Die Rachegöttinnen wenden sich einem wütend entgegen. Sie repräsentieren die negativen Aspekte der sogenannten »unsichtbaren Planeten« Neptun, Pluto und Uranus. Die Äste des alten schon recht vertrockneten Olivenbaumes hinter ihnen recken sich wie eine Verlängerung der Furchen in den Gesichtern gen Himmel.

Opera / Werk 49

Eva Aeppli
»Die Planeten«
1975-76/ 1999, 180 x 25 x 25 cm, Bronze auf portugiesischem Marmor

Die Planeten von links nach rechts: Mond (versilbert), Merkur, Venus, Sonne, Mars, Jupiter, Saturn, Pluto, Neptun, Uranus. Anders als die Figurengruppe gleich gegenüber, repräsentieren diese Gesichter die positiven Aspekte der genannten Planeten. Entsprechend golden strahlen sie und leuchten einem schon von weitem entgegen. Die unsichtbaren Planeten, deren negative Aspekte in geringer Entfernung durch die Erinnyen verkörpert werden, stehen in der hinteren Reihe.

Opera / Werk 50

J.W. Goethe Agathe Tyche
»Stein des guten Glücks«
5.4.1777 – 5.4.1999, 161 x 89 x 89cm, Travertin

Daniel Spoerri war begeistert vom Stein des guten Glücks bei Johann Wolfgang Goethes Gartenhaus in Weimar. Er staunte über dieModernität der Skulptur. Für den Giardino ließ er sie nachbauen. Kaum ein Besucher käme auf die Idee, dass es sich um eine im Jahre 1777 erdachte Skulptur handelt. Als sich eine Mathematikerin mit dem Stein befasste, stellte sie fest, »dass der goldene Schnitt der Kugel genau dem Maß des Würfels entspricht, der die Skulptur virtuell umschließt.« (Antonella Santarelli)

Opera / Werk 51

Eva Aeppli
»Tierkreiszeichen«
1979-1980 /1999, 185 x 200 x 140 cm, Bronze auf Granitsockeln

Diese Figurengruppe erfreut sich im Giardino großer Beliebtheit. Die Besucher suchen »ihr« Sternzeichen und vergleichen die Physiognomie mit den ihrem Zeichen attestierten Eigenschaften. Die Skulpturen nehmen das alles gleichmütig hin und richten ihre Blicke weiterhin unverwandt auf den Horizont während wir eingehend ihre differenzierten Gesichtszüge studieren. Der Standort der Gruppe ergab sich fast zufällig, als ein Foto gemacht werden sollte. Die Treppe erlaubte eine Aufstellung ohne dass eine Figur die andere verdeckte. Daniel Spoerri ließ sie sofort dort fixieren.

Opera / Werk 52

Meret Oppenheim
»Hermes-Brunnen«
1966/1999, Höhe: 250 cm, Ø:190 cm, Bronze, Basaltfliesen, Kies

1966 fertigte Meret Oppenheim ein stattliches Gipsmodell (Ø: 180 cm) für einen Brunnen an. Daniel Spoerri sprach mit den Erben, die schließlich zustimmten, dieses Modell realisieren zu lassen. Das zentrale Formelement des Brunnens ist die Figur des Merkur mit seinem streitschlichtenden Hermesstab. Darum herum winden sich zwei Schlangen, Symbole des Weiblichen aber auch der Kreativität. Das Wasser tröpfelt nur sanft von oben herab. Damit gleicht es der Perlenschnur, mit der Meret Oppenheim – wie ein Foto zeigt – an dem Modell, den Weg des Wassers zu simulieren versuchte.

Opera / Werk 53

Eva Aeppli
»Astrologische Aspekte«
1977-1984 /2000, je Figur 20 x 20 x 180 cm, Bronze

Der Giardino beherbergt Eva Aepplis gesamtes astrologisches Werk. Es ist der einzige Ort weltweit, an dem alle ihre »Köpfe« zu sehen sind. Auch bei den »Astrologischen Aspekten« zeichnen sich die Nähte der ursprünglich aus Seide genähten Köpfe im Bronzeguss deutlich ab. Eva Aeppli hat über das Nähen eine ganz und gar eigenständige Technik entwickelt hat, die eigenwillige, ausdrucksstarke Resultate zutage fördert. Manche der »Aspekte« tragen Vornamen, »Igor« oder »Samuela«, als handelte es sich um Porträts einzelner Personen. Es geht aber um allgemeine Aspekte, die zur Entstehung einer Persönlichkeit beitragen.

Opera / Werk 54

Daniel Spoerri
»Trullo – Mir raucht der Kopf«
1995-2000, ø 200 cm, H.: 350 cm, Bronze, Schiefersteine

Auf einer Reise durch Apulien 1999 begeisterte sich Daniel Spoerri für die sogenannten »Trulli«, alte Steinhütten, deren Zweck bis heute noch nicht gänzlich erforscht ist. Er ließ für den Giardino einen solchen ‘Kuppelbau‘ mauern, der als Backofen zu benutzen ist. Fünf Rauchfänge setzte er auf die »Hütte«, für die eine Schneiderpuppen-Familie Modell gestanden hat. Kunstgerecht wurden Abzüge verlegt, und wenn jetzt feine Rauchfahnen aus den Köpfen steigen, zeugt das, wenn nicht von geistiger, so doch von kulinarischer Arbeit. Das dtv Lexikon (Bd.19, München 1975) erklärt »Trullo – Abart des urtümlichen einräumigen steinernen Rundhauses mit kuppelförmigem Steingewölbe (..)Die Tür ist die einzige Tageslichtquelle. Schornsteine sind meist spätere Zutaten.« Spoerris Werk mit den eigenwilligen Schornsteinen als »späterer Zutat« ist ein schöner Beleg für diese Definition.

Opera / Werk 55

Luigi Mainolfi
»Fruchtbare Erde«
1999/2000, Eisen, Terrakotta

In einer Mulde des Giardino haben offenbar einzigartige Bodenverhältnisse eine ganz besondere Spezies hervorgebracht. 4-6 Meter hohe »Pilze« erheben sich auf dem von einer Hecke begrenzten Terrain und recken ihre rötlichbraunen, glockenförmigen Köpfe dem Himmel entgegen. Die »Stengel« von Mainolfis Skulpturen sind aufwendig gefertigte Eisenkonstruktionen: Sechs Arbeiter haben in wochenlanger Arbeit an die 3000 Schweißpunkte gesetzt um die turmhohen »Stiele« zu bauen, die jetzt so filigran und luftig wirken. Größe und Form lassen keinen Zweifel, dass diese »Pilze« Zeichen für die außerordentliche Fruchtbarkeit des »Giardino« sind.

Opera / Werk 56

Uwe Schloen
»Bunkerdorf«
1994-2000, Holz, Blei

Abweisend wirken die vier grauen Gebäude in dem idyllischen Maronenwäldchen von weitem. Sie sind mit Blei belegt und der graue Farbton weckt Assoziationen an Lager und

Gefangenschaft, die der Titel der Einrichtung unterstützt. Ganz im Gegensatz zu diesem Eindruck steht das poetische Innenleben der Häuschen, die den vier Elementen gewidmet sind. Wind bewegt ein Glockenspiel in einem Innenraum, eine kühlende Wasserfläche steht ruhig in einem anderen. Steht man in der Mitte der Anlage, fühlt man sich eher geschützt als bedroht, aber die Abwesenheit von Menschen, die hier Spuren hinterlassen haben, ist spürbar und wirft Fragen auf.

Opera / Werk 57

Roberto Barni
»Continuo«
1995-2000, 250 x 120 x 700 cm, Bronze

Zwei Erwachsene auf einem Kinderspielzeug. Sie befinden sich in schreitender Haltung, können hier aber kaum vorwärts kommen. Vielleicht haben sie die Augen verbunden um in in ihrer Illusion von Fortschritt nicht enttäuscht zu werden. »Altalena« (ital.: Wippe) wird auch im übertragenen Sinne, für eine schwankende Stimmungslage verwendet. Barnis Figuren wirken jedoch nicht unentschieden. Sie wippen nicht auf und nieder, sie machen große Schritte. In der Musik bezeichnet der Begriff »Continuo« eine konstante Begleitung der Bassinstrumente. Der Titel ist ein Gegensatz zur Wippbewegung und zur Kürze des Augenblicks, da sich die Wippe im Gleichgewicht befindet. Dieser Moment ist in Barnis Skulptur auf Dauer gestellt und widerspricht der physischen Sensation, die man mit dem Wippen verbindet: ein Kippen, das im Bauch kitzelt.

Opera / Werk 58

Arman
»Monument der Sesshaftigkeit«
1999-2000, Eisen

Dieses Projekt wurde lange geplant. Briefe, Faxe, Telefonate gingen hin und her und es bedurfte mehrerer Reisen nach Nizza (Reto a Marca sei hier nochmals gedankt), bis am 23.6.2000 die turmhohe Akkumulation aus alten Pflügen und Eggen errichtet werden konnte. Arman nennt den Turm ein »Monument der Sesshaftigkeit«, denn die Maschinen sind Insignien der Bodenbewirtschaftung und damit des Sesshaftwerdens. Die Instrumente der Landnahme sind aber inein-an-der verkeilt und verschraubt, unbeweglich und unnütz geworden. Sie sitzen fest, gehören »zum alten Eisen«, während von den umliegenden Hügeln unüberhörbar der Ton moderner Landmaschinen ertönt.

Opera / Werk 59

Ursi Luginbühl
»Hüter der Schwelle«
1997 / 2000, 350 x 80 x 80 cm, Bronze

Das Tor zum Giardino trägt das Moto »Hic terminus haeret«, ein Hinweis auf den Übergang, wenn man den Begriff »terminus« nicht mit »Ende« sondern mit »Grenze« übersetzt. Eine von Ursi Luginbühls »Großen Gartenvasen« gleich am Eingang ist eine Einstimmung auf Kommendes, denn das Arrangement erinnert an die abenteuerliche Atmosphäre in einem Schuppen, den man mit einer Mischung aus Entdeckerlust und Sorge betritt, weil man nie weiß, was sich im Halbdunkel verbirgt. Aus der eigentlichen »Vase« ragen neben grünem Blattwerk bronzene Hirschgeweihe hervor. So kündigt die Skulptur Geheimnisse anund schlägt auch einen Grundton des Parks an: die Ironie.

Opera / Werk 60

Alfonso Hüppi
»Die Pissende«
1977 /2000, 150 x 25 x 300cm, Bronze

Was leicht aussieht wie eine Scheibe Holz, ist Bronze und musste mit großem Aufwand an der Fassade der »Villa« befestigt werden. Jetzt erschreckt, belustigt oder erfrischt der Wasserstrahl, den die Bronzefrau entlässt, die Gäste. Eine Besucherin fühlte sich sogleich erinnert, dass sie selbst einmal in ähnlicher Haltung an einer Bootswand versucht hatte, ihren natürlichen Bedürfnissen zu folgen. Es sei aber bei in solch angespannter Lage nicht möglich gewesen.1977 diente die Skulptur in Freiburg bei einem Bildhauersymposion als »Künstlerdusche« und geriet später in Vergessenheit. Daniel Spoerri holte sie vom Speicher und reklamierte sie für den Giardino. Sein Freund Hüppi stimmte zu.

Opera / Werk 61

Esther Seidel
»Der Besucher«
1998/2000, Bronze

Im Giardino gibt es zweifellos viele Orte, an denen man verweilen möchte um den Gesamteindruck von Landschaft, Licht und Werken gründlich aufzunehmen. Esther Seidels Besucher erfüllt sich diesen Wunsch. Er steht auf einem Aussichtsturm, der es erlaubt, den »labyrinthischen Mauerweg« von oben anzusehen. Betrachtet er ihn aber wirklich? Auch die nicht zu übersehende Arman-Pyramide scheint er nicht zu beachten. Er schaut innere Bilder.

In der Skulptur »Der Seher« (Nr.32) begegnen wir diesem nach innen gerichteten Blick noch einmal. Die physiognomische Ähnlichkeit der beiden Figuren ist offenkundig, so dass man meinen könnte, derselbe Mann hielte sich an mehreren Stellen gleichzeitig auf. Zeit und Raum sind im Giardino eben anders beschaffen als vor den Toren dieses Geländes.

Opera / Werk 62

Birgit Neumann
»Schachtelhalm«
1997, H.: 240 cm, ø 40 – 20 cm, Keramik

Die Form dieser Skulptur mag einem bekannt vorkommen, sie ist dem Stengel eines Ackerschachtelhalms (»equisetum«) nachgebildet. Typisch sind die ineinander steckenden Segmente. In der Fotografie gibt es für solche Vergrößerungen aus der Pflanzenwelt ein Vorbild: die zu Dokumenta-tions-zwecken einer Lehrmittelsammlung entstande-nen Pflanzen-Fotografien von Karl Bloßfeldt. Die Keramikerin Birgit Neumann findet das Material Ton für die Bearbeitung des Pflanzenthemas besonders geeignet: »Beides sind Dinge, die die Erde hergibt. Ich könnte diese Sachen nicht aus einem anderen Material herstellen«.

Opera / Werk 63

Juliane Kühn
»Plattgedrückter Gartenzwerg«
2000, 25 x 65 cm, Plastik

Die farbenfrohe Komposition erschließt sich über den Titel. Die meisten Besucher lachen herzhaft, wenn sie ihn lesen, denn die vermeintlich ungegenständliche Komposition ist ein Angriff auf das kleinbürgerliche Gartenidyll.

In dem roten Zipfel, der oben noch hervorragt, meinen manche, die Nase des Zwerges zu erkennen.

Opera / Werk 64

Kimitake Sato
»Die Maske – Zura«
2000, Eisen

»Mit Eisen ist alles möglich«, meint Kimitake Sato. »Es ist so schnell. Es reagiert sofort.« Wenn man bei der Bearbeitung von Holz einen falschen Schnitt mache, so sei das irreparabel, Eisen jedoch könne man immer wieder erhitzen und Fehler korrigieren. Auch im Vergleich mit Ton schneidet Eisen in Kimitakes Augen besser ab. Ton verändert seine Form solange er feucht ist, im Gegensatz dazu sei Eisen viel verlässlicher. Für die »Die Maske« wurde zuerst ein Papiermodell mit dem Titel »Das Gesicht von Kimitake« hergestellt. Dann baute er ein großes Modell aus Pappe, an dem er die Maße für die Eisenskulptur nehmen konnte. Der Untertitel »Zura« bedeutet »Grimasse« oder »Fratze«.

Opera / Werk 65

Susanne Runge
»Rolltreppenbank«
1993/2000, 200 x 200 x 80 cm, Aluminium

Nach eigener Auskunft möchte die Künstlerin mit ihrer Sitzgruppe aus Rolltreppenstufen zu entspannter Kontaktaufnahme einladen, welche im Großstadtleben, für das die Rolltreppe ein Symbol sein kann, meist nicht möglich ist. Die Künstlerin spielt mit dem Verhältnis von Mobilität und Stabilität und merkt amüsiert an: »Augenscheinlich ist auch eine Rolltreppe zur Muße fähig.«

Opera / Werk 66

Daniel Spoerri
»Das Massengrab der Klone«
2000, Bronze, Ziegelsteinmauer

Ganz am Rand des »Giardino« liegen fünf in Bronze gegossene, menschengroße, Gliederpuppen in verrenkter Haltung in einer mit einer Ziegelsteinmauer eingefassten Grube. Daneben ein Haufen Erde, der darauf hinzuweisen scheint, dass die Grabstätte bald zugeschaufelt wird. Es ist ein Bild, das wir kennen: sei es von Konzentrationslagern, aus Vietnam, Jugoslawien oder dem Irak. Immer, wenn Menschen andere Menschen zerstören, vergraben sie ihre Opfer, wie Hunde ihre abgenagten Knochen. Klone nenne ich diese Leiber, weil es Kopien sind, einer vom anderen kaum zu unterscheiden, verdreht wie heruntergefallene Marionetten wirken sie fast schön, trotz der schrecklichen Assoziation an ein Massengrab. Der »Giardino« zeigt immer wieder dunkle Seiten, denn ohne diese gäbe es keine Schönheit.

D.S.

Opera / Werk 67

Daniel Spoerri
»Die Pyramide der Frau auf dem Knotenstock«
1999-2001, Eisen, Bronze

Treppenpyramide, ein Tetraeder aus Eisenblech von 5 Meter Basis-Seitenlänge und 4,50 Meter Höhe, steigt in neun Stufen bis zu einem kleinen Podestchen, auf dem eine 1 _ m hohe, sehr schlanke Bronzeskulptur steht. Diese besteht aus einem dreifüßigen Ständer, in den ein knotiger Stock eingeschraubt ist, auf dem oben eine nur 20 cm kleine Kitschkopie der Venus von Milo sozusagen balanciert. Von unten nur schwer sichtbar, reckt sie sich den Wolken entgegen auf ihrem Knotenstock, diesem phalluszinatorischen Stock-Objekt (ein Begriff, den Raymond Queneau erfunden hat). Die dreiseitige Pyramidenform, die aus der Ferne gar nicht auffällt, ergab sich aus dem Dreifuß des Ständers; üblicherweise sind Pyramiden in der Grundfläche quadratisch weil sie die Erde symbolisieren.

D.S. 2001

Opera / Werk 68

Zoltan Ludwig Kruse
»Die Drei Throne«
2000/2001, Natursteinplatten, Kupfer, Bronze, Eisen

Die drei Throne stehen oberhalb des Labyrinths, auf einer quadratischen Oberfläche, die eine Wasserzisterne bedeckt. Somit befindet sich das lebensspendende Wasser unter den Thronen, während über ihnen die lebensspendende Sonne leuchtet und wärmt. Die Vereinigung von Sonne und Erde wird in dem labyrinthischen Mauerweg thematisiertDen kosmischen Paarungsakt von Vater Sonne und Mutter Erde wollte Zoltan Kruse mit dem Ergebnis dieser Union, dem Kind, erweitern und schuf drei Throne. Die Sitzflächen sind Steinplatten von einem alten Stallfußboden. Für die Gestelle verwendete der Künstler Kupfer, Bronze und Eisen.

Opera / Werk 69

Ay-O
»Banzai! Banzai! Banzai!«
1983/2001, 190 x 45 x 45 cm, Bronze

Bei einem New-York Aufenthalt sah Daniel Spoerri auf dem Schreibtisch des Künstlers Ay-O eine kleine Bronzefigur mit emporgereckten Ärmchen. Das Schälchen Reis daneben erklärte sich rasch. Steckte man dem Jungen einige Reiskörner in den Mund, so fielen sie rückseitig, nach Durchlaufen eines extrem kurzen Verdauungstraktes, wieder heraus. Ay-O erklärt sich sofort bereit, sein mit dem Ruf »Banzai!« Glück, Erfolg und Gesundheit wünschen des Skulptürchen in Lebensgröße umsetzen zu lassen. Dazu bedurfte es erst eines Tonmodells, nach dem der Gießer Pietro Caporrella die Bronze herstellen konnte. Reistütchen sind an der Kasse erhältlich.

Opera / Werk 70

Till Augustin
»Der Gordische Knoten«
1998-2001, je Knoten 75 x 75 x 75 cm, Stahlseile, Sockel aus Cortenstahl

Die Blockdiagramme, von denen zwei im Giardino zu sehen sind, stammen aus einer Serie mit dem Titel »Der Gordische Knoten«. Sie standen ursprünglich vor dem Bundeshaus in Bern. Till Augustins Arbeiten zeichnen sich durch starke Spannungen aus. Ob es mächtige, zerborstene Balken sind, deren splittrige Bruchstellen aufeinander gerichtet sind, oder gefährlich spitze spindelförmige Skulpturen, immer macht der Künstler die Kräfte sichtbar, die einem Material innewohnen. Die Blockdiagramme wurden erst stark zusammengepresst und dann geschnitten so dass man das Innere der gedrehten Seile sehen kann. Gewunden und in sich verdreht stellt man sich vor, dass die Elemente wieder auseinanderspringen könnten.

Opera / Werk 71

Nam June Paik / Daniel Spoerri
»Make something as big as the Eifeltower«
2001, Tour Eiffel en miniature, Sockel

Nam June Paiks Gesundheitszustand erschwerte die Kommunikation der beiden Künstlerfreunde. So ließ Daniel Spoerri von Emily Harvey einen Brief übermitteln, in dem er Paik um einen Beitrag für den Giardino bat. »Tell him to make something as big as the Eiffel Tower!” soll Paik freudig gesagt haben, und Spoerri installierte sogleich den kleinsten Eiffelturm, den er auftreiben konnte, solcherart den Humor pflegend, den Spoerri an Paik so gerne mochte. Als Emily Harvey den Eiffelturm sah, rief sie erstaunt: »But he didn’t say Eiffel Tower. He said Empire State Building!” Und das gefiel Spoerri erst recht.

Opera / Werk 72

Dani Karavan
»Adam und Eva«
(»Denn Gott schuf Mann und Frau zusammen.«)
2002, Olivenbaum, Blattgold

Dani Karavan hat eine besondere Beziehung zu Olivenbäumen und hat sie oft in seine Werke einbezogen. Der alte, wohl von einem Blitz gespaltene und durch große Schnittflächen gezeichnete Baum gefiel ihm sofort. In der Zweiteilung sah er Adam und Eva versinnbildlicht: zwei Teile aus einem Stamm. Sachte, man möchte sagen mit zärtlicher Geste, reagierte er auf diese Form und ließ, als einzige Zutat zu diesem Werk, die Schnittflächen vergolden.

Opera / Werk 73

Daniel Spoerri
»Acht magere Albträume«
2002, Installation 14 x 8 m, Höhe der einzelnen Figuren: 120 – 200 cm, Bronze

Die lose aufeinander bezogenen Figuren stehen im Sumpfgras als wären sie bei Nacht und Nebel aufgetaucht. Eine streckt uns die Hände entgegen als wolle sie etwas darbringen. Es sind somnambule Gestalten, deren Absicht wir nicht recht entschlüsseln können, dadurch wirken sie teils bedrohlich, teils flüchtig. Traumwesen, wie sie uns in den Tiefen des Schlafs schon begegnet sein mögen.

Opera / Werk 74

Jürgen Knubben
»Zwei Stahllinsen, ein schräger Turm und fünf Geoden«
1997/2002, Stahl, Stein

In der Installation von Jürgen Knubben treffen Gegenwart und Vergangenheit aufeinander: Die linsenförmigen Stahlgebilde liegen neben Steinen von ähnlicher Form und Größe. Bei den Steinen (Schiefer) handelt es sich um sogenannte Geoden – etwa 180 Millionen Jahre alt! Die Stahllinsen hingegen entstanden um 1980. Ein weiteres Objekt wurde den flachen Formen beigesellt, ein »schräger Turm«, der einem Obelisken nachempfunden ist. Obelisken waren in Ägypten um 2000 v. Chr. Kultsteine zu Ehren des Sonnengottes. Man könnte also in dem »schrägen Turm« ein Bindeglied zwischen der fernen erdgeschichtlichen Vergangenheit, welche durch die Geoden repräsentiert wird, und der Moderne sehen.

Opera / Werk 75

Olivier Estoppey
»Tag des Zorns« / »Dies Irae«
2001/ 2002, 3 Trommler, 60 Gänse, Stahlbeton

Der französische Künstler Olivier Estoppey hat 160 (!) Gänse aus Beton in den »Giardino« gebracht. Unter den Olivenbäumen unweit des Kreises der »Einhörner« (Nr. 3) rennen sie in Richtung Seggiano, vorwärts getrieben von drei äußerst bedrohlichen überlebensgroßen vermummten Gestalten mit Trommeln. Ein etwas abseits stehende Junge scheint sich eher vor diesen Männern verstecken zu wollen als vor den aufgescheuchten Vögeln. Er hält eine Gans auf dem Arm – so wird vielleicht eines der Tiere gerettet werden, sollten die anderen auf ihrer panischen Flucht zu Tode kommen.

Opera / Werk 76

Herbert Distel
»DenkMal«
1968/1970-2003, 200 x 300 cm, 22 t, Granit aus dem Tessin
Dauerleihgabe des Kantons Solothurn – CH

Ein riesiges Ei liegt an einem der geschütztesten Plätze des »Giardino”, in der einem Nest ähnelnden Mulde. Der Schweizer Künstler Herbert Distel nannte die Granitskulptur »Denkmal« und ist sich der wörtlichen Bedeutung dieses Begriffs – eine Aufforderung zum Denken – ganz bewusst.Die enormen Ausmaße des »Eis« und sein nur zu ahnendes Gewicht sind irritierend. Die Filzpantoffeln aus Bronze (Nr.5) haben wir als Anti-Beuys beschrieben, weil sie die wärmenden Eigenschaften von Filz konterkarieren, in Herbert Distels Skulptur könnte man ein »Anti-Ei« sehen, denn sie scheint alles andere als zerbrechlich. Wenn man sich auf die optische Täuschung einlässt werden die umstehenden Büsche und Bäume zu Grashalmen, aber wie groß sind wir dann? Und wo ist die Henne?!

Opera / Werk 77

Daniel Spoerri
»Die Bersagliera«
2002/2003, H.: 200 cm, Bronze

Eine Figur von Daniel Spoerri erwartet den Besucher vor dem Restaurant. »Die Bersagliera« heißt sie, ist also eine Scharfschützin, aber ihre Haltung erinnert an die weibliche Figur des »Balzenden Paars« (Nr.31). Mit ihrem Hüftschwung hat sie eher einen koketten als einen bedrohlichen Charakter. Bei näherer Betrachtung wird man außerdem feststellen, dass sie vielleicht mehr Schüsse eingesteckt als ausgeteilt hat: Der Leib weist zahlreiche kreisförmige Verletzungen auf. Der Gesichtsausdruck der Figur, eine Collage aus Reststücken einer Gießerei, hat einen eher freudigen Gesichtsausdruck. Fragt man den Künstler, so vermutet er, sie sei wohl zufrieden, das sie gerade von einem beachtlichen Phallus penetriert werde.

Opera / Werk 78

Josef Pleier
»Sonnenstein«
2002 / 2003, Höhe: ca. 320 cm, Ø ca. 40 cm, Basalt

Die Skulptur stellt eine Verbindung zu einem fernen und für die Toskana doch so typischen Bezugspunkt her: zur Sonne. Josef Pleier führte zunächst ein Jahr lang Messungen durch um den Sonnenstand an bestimmten Tagen des Jahres zu bestimmen. Die Bohrungen, die er dann im Stein vornahm, leiten nun den Blick auf bestimmte Punkte am Horizont: auf den Punkt des Sonnenauf- bzw. -untergangs am Tag der Wintersonnenwende (21.12.) und zur Tag- und Nachtgleiche (23.9. und 21.3.). Weitere Bohrlöcher sind auf die Stellen gerichtet, an denen Sonnenaufgang und Sonnenuntergang am 21. Juni zu beobachten ist. Die Öffnung an oberster Stelle ist der »wahre Mittagspunkt«. Hier fällt die Sonne hindurch, wenn sie im Zenit steht und das ist nicht Punkt Zwölf.

Opera / Werk 79

Pavel Schmid
»acqua majm wasser l’eau water voda nero agua«
2003, Höhe: 540 cm, Gußeisenpumpen

Pavel Schmidts 5.40 Meter hohe Pumpe ist mehr als eine filigrane Skulptur oder ein graphischer Akzent in der Landschaft und auch mehr als ein Witz über die Funktionslosigkeit eines Gegenstandes, weil ja der Pumpenschwengel in luftiger Höhe nicht zu erreichen ist.

In acht Sprachen setzte der Künstler den Begriff »Wasser« als Titel ein. Im Sommer, wenn das Gras verbrennt und die Erde rissig wird, wird die Pumpe zu einen Sinnbild für den Durst von Mensch und Erde.

Opera / Werk 80

Daniel Spoerri
»Kettenhaufen«
2005/ 2006, Mühlstein, Eisen, Farbe

Der dicht mit Eisenketten behängte Ständer musste dem geübten Sammler Daniel Spoerri inmitten des Gerümpels bei einem italienischen Alträucher ins Auge fallen, handelt es sich doch um eine im Laufe vieler Jahre zusammengetragene Kollektion.Das schwere Objekt wurde, so wie es war, in den Giardino transportiert und originalgetreu vor Spoerris Atelier wieder aufgebaut, wo sich bereits eine Sammelstelle für Hufeisen befand, die man immer wieder auf dem Gelände findet. Mit diesen vereint erinnerte der »Weihnachtsbaum«, wie Daniel Spoerri ihn damals wegen des Aufstelldatums nannte, an einen mit Fetischen dekorierten Häuptling oder Medizinmann, andererseits gibt es Anklänge an Armans mächtigen Turm aus Pflügen und Heuwendern, der sich in Blickrichtung in einiger Entfernung im Gelände erhebt. Vielleicht um eine deutliche Abgrenzung vorzunehmen, ließ Spoerri den »Kettenhaufen« grau streichen.

Opera / Werk 81

Not Vital
»Daniel Nijinski Superstar«
1997, 200 x 180 x 50 cm, Kunstharz

Die Figur, die den berühmten Balletttänzer Nijinski darstellt, wurde aus gutem Grund nahe bei Daniel Spoerris Haus angebracht. Auch Spoerri war Tänzer bevor er eine Karriere als bildender Künstler begann. Das war Not Vital wohlbekannt als er dieses Geschenk für den Giardino aussuchte. Nijinskis hohe Sprünge aus dem Stand waren legendär. Ein letztes Mal sprang er unversehens in die Luft und das in fortgeschrittenem Alter und lange nachdem er zum letzten Male auf der Bühne gestanden hatte. Ein Fotograf hielt das Ereignis fest. Nach dieser Fotografie entstand Not Vitals Skulptur.

Opera / Werk 82

Martin Schwarz
»Kleine Schweiz«
2004, Bronze

Man kann leicht über die »Kleine Schweiz« stolpern. Wenn das Gras zu hoch wächst, sieht man sie nicht mehr. Martin Schwarz, der gerne Gewohnheiten unterläuft und allzu Bekanntes in Frage stellt, ironisiert mit seiner kleinen Plastik den Nationalstolz und zählt zugleich auf ihn, und tatsächlich: Als gelernter Schweizer erkannte Daniel Spoerri die Konturen ‚seines’ Landes sofort. Für den Giardino ließ er die Gipsskulptur in Bronze gießen, damit sie unbeschadet draußen liegen kann.

Opera / Werk 83

Roland Topor
»Mamma muntagna«
Modell in Terracotta: Esther Seidel, 2004
In Stein ausgeführt von Simone d’Angiolo, 2005
Nach einer Zeichnung von Roland Topor, 1976

Spoerri war eingeladen worden, eine Skulptur für die Hänge des Vesuv vorzuschlagen, die dann vor Ort realisiert werden sollte. Eine Idee hatte er sofort, weil ihm wieder einmal eine Zeichnung des verstorbenen Freundes in den Sinn kam: eine Frau, die zusammengekauert einige kleine Kugeln betrachtet, die aus ihrem Schoß rollen. Für Spoerri ist dies ein Sinnbild der Trauer, hat aber auch mit der sich entladenden Erde zu tun. Die Neapolitaner nennen ihren Vulkan schließlich »Mamma muntagna«. Das Vesuv-Projekt verlief im Sande. Rund um Neapel fand sich kein Bildhauer, der die Topor Zeichnung hätte umsetzen können. Die untergriffige Form erschien zu kompliziert. In Carrara spürte Esther Seidel aber einen Steinbildhauer auf, der sich der Aufgabe gewachsen sah.

Opera / Werk 84

Graziano Pompili
»Dichterisch wohnet der Mensch«
2001/2006,150 x 220 x 100 cm, Marmorscheiben, Erde, Gras

Die schöne deutsche Übersetzung des italienischen Titels »Poeticamente abita l’uomo« verdanken wir Daniel Spoerris literarischer Bildung. Er ist ein Verehrer Friedrich Hölderlins und lernte in seiner Jugend einige seiner Gedichte auswendig. Eine Zeile fiel ihm spontan wieder ein, als Graziano Pompili den Titel seiner Skulptur nannte »…und dichterisch wohnet der Mensch« – darin spiegelt sich die Zerbrechlichkeit und Ungewissheit menschlicher Existenz, seine Immaterialität, angesichts derer es wie Ironie erscheint, von einer »festen Wohnstadt« zu sprechen, nur weil man Häuser aus Stein bauen kann. Pompilis Installation ist aber mehr als eine Haus-Metapher. Die Steinplatten erinnern auch an ein Grabmal oder einen römischen Sarkophag.

Opera / Werk 85

Nora Schöpfer
»Zeiträume« (Virtuelles Volumen)
2006, Plastikfäden, Federn, Sisalschnur

Mitten in einem kleinen Waldstück, nahe bei den Wohnhäusern des Giardino, hat Nora Schöpfer drei sogenannte »Zeiträume« eingerichtet. In ihrer Zartheit entsprechen diese Fadenkörper einer von Daniel Spoerri für die meisten Werke im Giardino postulierten Maxime: Die Kunst soll sich nicht aufdrängen, sie soll entdeckt werden können, in Mulden, hinter Hecken oder Mauervorsprüngen. Feine farbige Linien markieren quaderförmige Körper. Sie schweben und werden doch nicht vom Wind weg geweht oder deformiert. Präzise, entschieden und doch ganz leicht begegnen wir hier einer geisterhaften Geometrie.

Opera / Werk 86

Daniel Spoerri
»Weißt du? Schwarzt du?«
2005, 350 x 140 x 160 cm, Bronze, Eisen

Die jüngste Skulptur, die Daniel Spoerri im Giardino aufstellen ließ, gehört zu einer Serie, die ihn über zwei Jahre sehr beschäftigte, die sogenannten »Prillwitzer Idole«. Angeregt worden war er durch eine Fälschergeschichte aus dem 18. Jahrhundert. Ungelenke, an art brut erinnernde Figuren wurden als slawische Heiligtümer gehandelt und über hundert Jahre für echt gehalten. Daniel Spoerri war entzückt von der Art und Weise, wie diese phantasievollen Figürchen aus verschiedenen Elementen zusammencollagiert waren und stellte seine eigenen Varianten her, allerdings in anderen Dimensionen. Die Skulptur im Giardino ist drei Meter hoch! Der Titel erklärt sich durch die Verschmelzung zweier Figuren. Spoerri tauschte die Köpfe einer afrikanischen Figur und einer naiven europäischen Schnitzerei.

Opera / Werk 87

Daniel Spoerri
»Urnengarten – L’abstrait absent« / Hommage à Raymond Hains
2006, 26 Urnen, Spazierstöcke in Bronze,Tomaten

Im Frühjahr 2006 nahm Daniel Spoerri an der Ausstellung »A3« auf der Place Saint Sulpice in Paris zum Thema »Absence« teil, als Andenken an den kurz zuvor verstorbenen Künstler Raymond Hains, mit dem er lange befreundet war. Für seine Hommage setzte Spoerri eine Idee um, die er schon länger hegte: Abgelegte Spazierstöcke sollten als Rankhilfe für Pflanzen dienen und sowohl an die möglicherweise verstorbenen Besitzer der Stöcke erinnern als auch den neuen Kräften zum Licht verhelfen. Raymond Hains, der sich selber »l’abstrait« – der Abstrakte – nannte, war zur letzten »A3«-Ausstellung sogar mit zwei Stöcken erschienen. Die gleiche Installation befindet sich jetzt im Giardino in einem ehemaligen, verwahrlosten Kräutergarten.

Opera / Werk 88

Daniel Spoerri
»Bombenblumen«
2006, Gusseisen

Fundstücke sind die drei schweren gusseisernen Formen, die Daniel Spoerri sogleich als detonierte Geschosse identifizierte. Es entging ihm aber ebenso wenig, dass sie auf bizarre Art erblüht sind und so suchte er eine Pflanze, mit der sie sich ergänzen würden. Hier half indirekt die alte Freundin Eva Aeppli, denn bei einem Telefonat sprachen sie über Lieblingspflanzen: »Das ist ganz klar für mich«, sagte sie. »Die Araukaria!«. Spoerri forschte nach, fand eine Abbildung und war sofort begeistert von der Widerborstigkeit dieser Pflanze: eine Insignie für Eigensinn.

Opera / Werk 89

Carolein Smit
»Magdalenengrotte«
2006 / 2008, Keramik

Carolein Smit beeindruckte bei der Sommerausstellung »Isola del lago« 2006 die Besucher der Isola Bella mit einer etwa 60 cm hohen, weiß glasierten Keramikfigur. Die mit unzähligen feinen, wie Eiszapfen geformten Haaren besetzte Gestalt deutet mit ausgestrecktem Finger auf die Besucher und scheint sie zu gemahnen, auf der Schwelle zu verharren. Spoerri, der sich schon lange eine Grotte für seinen Park gewünscht hatte, ließ von Enrico Alessandri eine Höhle mauern, in der die Magdalena nun in ihrem Eremitendasein residiert.

Opera / Werk 90

Daniel Spoerri
»Damokles Rosenhaag-Gang«
2002 / 2008, Eisen, Sicheln

Die Idee zu dieser Installation geht auf eine England Reise zurück. Dort skizzierte Spoerri einen Laubengang, der aus einer Reihe ineinander verschränkter Sicheln besteht. Das Idyll einer Laube wird also scharfzüngig unterlaufen. Nach und nach sollen noch Rosen und Jasmin den nun im Giardino realisierten Gang bewuchern. Er ist übrigens so ausgerichtet, dass man auf ein kleines Kirchlein auf dem Nachbargrundstück zuläuft.

Opera / Werk 91

Daniel Spoerri
»Duodecim ultimae cenae de claris molieribus«
Mauer der zwölf letzten Mahlzeiten berühmter Frauen
2008, Carrara-Marmor

Nachdem Daniel Spoerri für eine Ausstellung in Mailand die letzten Gerichte zwölf berühmter Männer in Marmor hatte meißeln lassen, beschloss er, im Giardino berühmten Frauen ein Denkmal zu setzen. Marie Antoinette, Hannah Arendt, Hildegard von Bingen, Tanja Blixen, Madame Curie, Marlene Dietrich, Isidora Duncan, Mata Hari, Frida Kahlo, Kleopatra, Kaiserin Elisabeth von Österreich, und der Göttin Leda.

Opera / Werk 92

Daniel Spoerri
»Gorillabrückchen«
2008, Bronze, Ziegel

Daniel Spoerri hat an dem kleinen Durchgang durch die Hecke zu der großen Wiese einen Holzsteg durch ein gemauertes Brückchen ersetzen lassen. Vier in Bronze gegossene Gorillaschädel stützen denjenigen, der über die kleine Brücke geht.

Opera / Werk 93

Luciano Massari
»Insel in Insel«
2007, Carrara-Marmor

In jüngster Zeit hat Luciano Massari »Inseln« aus weißem Carrara Marmor geschaffen. Die amorph geformten Becken fangen das Regenwasser auf, und darauf schwimmt eine weitere kleine Insel, aus dünnwandigem Marmor. Einem Kritiker zufolge thematisiert der Künstler hiermit das Gefühl der Geborgenheit ebenso wie das Reisemotiv, es symbolisiert somit den Menschen in unbekannter, ungewisser Umgebung.

Opera / Werk 94

Daniel Spoerri
»Tarot – Daniel Spoerris Pseudonym 1955«
2008, Bronze

In der Zeit, als Daniel Spoerri als Regieassistent beim Theater arbeitete, benutzte er häufig dieses Pseudonym.

Opera / Werk 95

Bernard Pras
»Inventaire« (Frau und Kind)
2008, Plastik, Keramik, »Ape«

Bernard Pras wird gerne als »moderner Arcimboldo« bezeichnet. Seine reliefartigen Installationen aus unterschiedlichsten Objekten und Materialien, fügen sich zu Porträts oder der Kunstgeschichte entlehnten Bildern zusammen. Es entsteht eine Bildillusion, die beim Nähertreten in banale, bekannte Einzelteile zerfällt. Bei der neuen Skulptur im »Giardino« sind es Schuhspanner, Teller, Bleche, Spaten, arrangiert auf der Ladefläche eines Piaggio »Ape«.

Opera / Werk 96

Giampaolo di Cocco
»Trivial / Catalina III«
1992/2008, verzinktes Eisen, Glas, Marmor

Als Standort für sein abgestürztes Flugzeug wünschte sich der Künstler eine Stelle, an der drei Wege sich kreuzen. Darin sieht er ein weibliches Prinzip, der pfeilförmige, herabstürzende Flieger steht sinnfällig für ein männlich aggressives Moment. Im Innern hat di Cocco, neben einigen Marmorhänden, die einander zu suchen scheinen, ein kleines Modell der »Catalina« (ein im Zweiten Weltkrieg berühmt gewordenes Flugzeug) integriert, das als »unschuldige Seele« des abgestürzten Fliegers fungiert.

Opera / Werk 97

Mauro Staccioli
»Strebebogen«
2008, Stahl

Als Fragment eines Torbogens betrachtet stellt Mauro Stacciolis Intervention im »Giardino« einen Bezug zum Motto des Parks »Hic Terminus Haeret« her, zu »Terminus«, dem Gott der Grenze und des Übergangs. Formal wirkt die große Stahlkonstruktion, welche Daniel Spoerri an einen »Apfelschnitz« erinnert, trotz ihrer spannungsreichen Tor-sion wie ein umgesunkener Stamm oder Pfeiler, der sich behutsam – beinahe zärtlich, als ginge es darum, einen Moment auszuruhen – an einen benachbarten Baum anlehnt.

Opera / Werk 99

Giampaolo di Cocco
»ARS MORIENDI«
2006, Blei, Holz, Kunstharz, Feinblech

Die Installation war 2006 in einer Ausstellung an der Architekturfakultät der Universität Florenz zu sehen, dann 2007 in Mailand bei der Fondazione Mudima (Katalog Gillo Dorfles, Francesca Consonni). Sie setzt sich aus drei Skulpturen zusammen, die lebensgroße Elefantenkörper in verschiedenen Verwesungsstadien darstellen. Eine Reihe von »Fotoapparaten« beobachtet die »Elefanten«; tatsächlich aber sind die Kameras nur stumme und machtlose Zeugen einer Naturtragödie.

Opera / Werk 100

»Das Gespenst«
Schenkung der Cave Michelangelo di Franco Barattini, 2009, Carrara
»Abschiedsgruss von Carlo Bombarda«,
»Pfahllöcher« & »Römischer Schnitt«

Der zentrale Marmorblock aus der Cave Michelangelo in Carrara erinnert an ein Gespenst, die beiden »Augenhöhlen« stammen von Holzpfählen, an denen mit Hilfe von Hanfseilen grosse Marmorblöcke aus dem Steinbruch zur Weiterverarbeitung ins Tal herabgelassen wurden. Das flache Marmorstück hingegen zeigt Spuren der Abbruchmethoden aus römischer Zeit, der sogenannten »Tagliata Romana«, mit dem die Blöcke aus den Steinwänden freigeschlagen wurden. Auf dem kleinen Block hat sich der Arbeiter Carlo Bombarda mit einem »graffito« verewigt, ein marmorner Abschiedsgruss an seine 45 Jahre dauernde Arbeitszeit !

Opera / Werk 101

Daniel Spoerri
»Froschakrobaten«
2009, Bronze

Eigentlich sind die Froschakrobaten auch ein Froschtotentanz, denn das Urmodel war ein augetrockneter Frosch, der halbkreisförmig auf einem Ast lag. Ich liess ihn abgiessen- zuerst in Silber, dann doppelt als Armband. Dann vergrösserten wir ihn und so entstanden diese Froschakrobaten, die wieder quicklebendig aufeinander krabbeln; – der Oberste will sogar mit Riesenskistöcken gerade abspringen! Also wiedermal eine Spoerrische Resurrection!

D.S.

Opera / Werk 102

Ugo Dossi
»Der Kuss«
2010, Eisen

Bilder steigen aus dem Unbewussten auf und werden zeichnerisch festgehalten. Eine feine Linie markiert den Übergang zwischen Dunkelheit und Helligkeit, zwischen Tag und Nacht. Eine dünne Spur in einer Wand aus Eisen, durch die Licht hindurchdringt. Fein ist die Linie, aber zugleich auch kraftvoll und präzise, zielsicher wie ein Kuss.

Die Kunst von Ugo Dossi kreist um die Kreativität des Unbewussten, um Sinnliches und Übersinnliches. Sie spielt mit archetypischen und kollektiven Bildern, mit Automatischen Zeichnungen, subliminalen Projektionen, mit paranormalen Phänomenen. Seine Installationen wurden auf der Documenta gezeigt (Documenta 6 und Documenta 8), auf den Biennalen von Venedig, von Paris und Buenos Aires, sowie in zahlreichen Einzelausstellungen in internationalen Museen.

Opera / Werk 103

Rosa Roedelius
»Der Tortentraum«
2010, Aluminium, Keramik

Was bleibt ist die Traumtorte
Unwichtig was war oder sei,
schwebend über dem Wasser
entwächst ihr Lebendiges

Opera / Werk 104

Daniel Spoerri
»Déterrement du Tableau Piège«
2010, Bronze

1983 lässt Daniel Spoerri an einem Sommertag im Park von Jouy en Josas Tische vergraben; zuvor haben Gäste an einer 40 Meter langen Tafel ein Picknick im Grünen abgehalten.Während an den Tischen ausgelassen gefeiert wird, graben in einiger Entfernung Bagger eine 40 Meter lange und 2 Meter tiefe Rinne; Daniel Spoerri beendet das Bankett und lässt die Tische von den Gästen in die Rinne tragen. Das Picknick wird vergraben. Im August 2010 legt das INRAP* Teile des seit nunmehr 27 Jahren vergrabenen »Fallentisches« frei; ein Quadratmeter davon wurde in Bronze gegossen.

* INRAP: Institut national de recherches archéologiques préventives

Opera / Werk 105

Erwin Wurm
»Doppelhose«
2011, Bronze

Die Doppelhose wanderte 2013 in den Giardino; am Bund zusammengenäht zappeln die Hosenbeine in der Luft; ErwinWurm hebt Alltagsgegenstände in die luftigen Höhen der Kunst – das verbindet ihn mit Daniel Spoerri und daraus entstand eine Freundschaft; diese wiederum führte zu einem Kunsttausch. ErwinWurm bekam ein Bronze-Fallenbild und im Giardino steht nun die »Doppelhose«.

Opera / Werk 106

Daniel Spoerri
»Kirschbaumbuddha«
2007 / 2013, Bronze

Im Jahr 2009 gründete Daniel Spoerri in Österreich eine zweite Stiftung. Seitdem gibt es ein Museum und ein Lokal in dem kleinen Ort Hadersdorf am Kamp, 60 Kilometer nördlich von Wien. Zum Haus gehört ein Garten mit altem Obstbaumbestand. Ein Kirschbaum reckt zwei starke Äste in die Höhe. Daniel Spoerri erkannte darin zwei ausgestreckte Arme und platzierte einen dazu passenden Kopf. Der »Kirschbaum-Buddha« wechselt seinen Ausdruck im Wechsel der Jahreszeiten – leiblich zur Baumblüte, großzügig und gesellig, wenn der Baum Früchte trägt und die Vögel in den Zweigen sitzen, asketisch im Winter und entflammt mit ausgeprägtem Sinn für Farben im Herbst. Die Natur leistet ihren Beitrag um ein Kunstwerk immer anders erscheinen zu lassen.

Im »Giardino« sollte die Skulptur ebenfalls realisiert werden – auch als sichtbares Zeichen der Verbindung der beiden Spoerri-Stiftungen. Der Künstler wählte einen Baum, dessen Stamm von Efeu überwuchert ist. Das verändert die Gesamterscheinung des Budhhas. Man spricht von einem »Original in Serie«. Der gleiche Bronzeguss nimmt dank verschiedener natürlicher Gegebenheiten andere Gestalt an. Eine weitere Ergänzung – eine Art Spitzenkragen – erfährt die Skulptur durch zwei Kreissägeblätter, die für eine ebenmäßige Ausrichtung sorgen – hinzugefügt von Michael Holzberger, der die Installation ausführte.

Auf die Mitwirkung der Natur legte Daniel Spoerri im »Giardino« von Anfang an großen Wert. Ende 2015 wurde ein neuer botanischer Schwerpunkt gesetzt. Professor Stefano Mancuso ist Direktor dieses Forschungszweiges und wird mit seinem Institut den Skulpturenpark für Projekte botanischer Feldforschung nutzen.

Opera / Werk 107

Aldo Mondino
»Grande Arabesque«
1995, 174 x 135 x 24 cm, Bronze

Ein Fisch auf einem Bein ist ungewöhnlich, surreal, ein Bild wie aus einem Märchen.

Der Titel suggeriert Kunstfertigkeit und in der Tat: Ein Ballettschuh am Fuß verweist, wie auch der Titel der Skulptur, auf eine Figur im klassischen Ballett, bei der ein Bein in einem Winkel von 90° zum Standbein gerade nach hinten gestreckt wird. Damit stellt Mondinos Werk eine Verbindung zu Daniel Spoerris Biografie her und zugleich zu einer anderen Skulptur im Giardino, die sich explizit auf Spoerris Karriere als Ballett-Tänzer in den 1950er Jahren bezieht: »Daniel Nijinsky Superstar« von Not Vital (No. 81) Ironie und der Eklektizismus seien typische Stilmittel in Mondinos Kunst, so liest man vielerorts. Das Zusammenfügen disparater Elemente ist aber nicht das einzige, was einen beim Betrachten dieser Skulptur beschäftigt; es ist auch eine Thematisierung des Gleichgewichts, und damit entsteht ein Bezug zu einem weiteren Werk im »Giardino«, zu Roberto Barnis »Continuo« (No. 57), wo zwei schreitende Männer auf einer Leiter gerade den Moment der Balance erreicht haben. Bei näherer Betrachtung stellt die wellenförmige Struktur auf dem Fischkörper das ihn umfließende Wasser dar. Das nicht artgerechte Bein hindert den Fisch aber daran fortzuscheimmen. Er ist vielmehr ein Sinnbild von (Stand-)Festigkeit und korrespondiert mit einem weiteren Werk im Giardino, dem »Monument der Sesshaftigkeit« von Bernhard Luginbühl (No. 34)

Opera / Werk 108

Josef Maria Odermatt
»Ohne Titel«
1992 ca., Eisen, geschmiedet, poliert

Als Josef Maria Odermatt im Jahr 2011 verstarb übergab dieWitwe des Schweizer Künstlers an die Stiftung ein frühes plastischesWerk. Die gedrungene abstrakte Form wurde von Odermatt handgeschmiedet. Das Objekt zielt mit seinen beiden massiven »Fühlern« auf die Villa des Giardino. In seinen frühenWerken verzichtete er auf das Schweissen; grossenWert legte er auf die manuelle Bearbeitung des Materials unter Einsatz körperlicher Kraft.

Opera / Werk 109

Daniel Spoerri
»Acqua Golem«
2014, ausgeführt von Angelo Maineri, Teile von Wasserleitungen und hydraulischen Sperrschiebern
Kunstharz, Stahl, Messing

Der Golem ist eine Gestalt aus der jüdischen Mystik. Er ist aus Lehm geformtes Wesen mit menschenähnlichem Aussehen. Er ist stumm und übermäßig stark,

Einen solchen Homunculus zu schaffen, dazu wurde Daniel Spoerri von der Acquedotto Santa Fiora eingeladen. Man stellte dem Künstler ausgediente Pumpen, Ventile, Siebe, und andere Fragmente der Wasserversorgung zur Verfügung und er konstruierte eine roboterähnliche Figur, die sich ganz artgerecht in der Nähe eines Wasserbeckens aufhält, als Wächter oder als Wegmarke. Bei der Realisierung wurde Daniel Spoerri unterstützt von Angelo Maineri aus Comerio.

Opera / Werk 110

Katrin Plavcak
»Schwarze Raucher«; 2015
6 Elemente, Kunstharz

»Schwarze Raucher« sind Schlote von Tiefseevulkanen, um die herum eine Lebenswelt existiert, die nicht auf Photosynthese gründet, sondern auf Chemosynthese.

Es sind hydrothermale Quellen der Tiefsee, aus deren Schornsteinen eine Sedimentwolke austritt.

Aus diesen Schloten schießt 400° heißes, mineralreiches Wasser, angereichert mit Sulfiden und Salzen, das die Ernährungsgrundlage für chemosynthetisch aktive Bakterien und Archaeen bildet.

Die Lebewesen, die sich um diese Schlot-Systeme herum ansiedeln, die schon vor 350 Millionen Jahren aus den höheren Wasserlagen verschwunden sind. Sie schaffen es, unter dem sehr großen Druck in 800-3500 m Tiefe, in sehr großer Hitze und in ewiger Finsternis zu existieren.

Katrin Plavčak ist fasziniert von der Existenz der schwarzen Raucher Für sie werden damit die Menschen »aus dem Zentrum der Überlegungen« gerückt und andere Möglichkeiten von Leben werden sichtbar.

Opera / Werk 111

Thomas Blumer
»Finger / Mutation des Zuckerdaumen«, Diabas aus Bottenhorn,
130cm; 1996

In den vergangenen Jahren erklärte Daniel Spoerri mehrfach die Aufnahme neuer Werke im »Giardino« für abgeschlossen, fügte aber immer hinzu »Es sei denn …«.

Ein solches »es sei denn« traf ein, als er im Mai 2015 den Bildhauer Thomas Blumer wiedertraf, den er bereits als kleinen Jungen kannte. Er nahm ihn damals zu einem Ausflug in die Moulin Boyard, südlich von Paris mit – eine ungewohnte Gesellschaft für den kinderlosen Daniel Spoerri. Zur Sicherheit schärfte er dem Jungen ein, er dürfe zwar durch die Gegend streunen, habe sich aber jede Stunde zu melden.

Ein überdimensionaler Finger aus einem Gestein namens Diabas in Thomas Blumers Atelier mag wie ein Hinweis gewirkt haben und ist vielleicht auch eine Reminiszenz an den streng erhobenen Zeigefinger, mit dem Spoerri den Knaben Thomas Blumer 30 Jahre zuvor ermahnt hatte. Jedenfalls lud Spoerri den Bildhauer ein, im Giardino den »Finger« zu installieren. Die Skulptur ist außerdem ein kunsthistorisches Zitat oder eine Anspielung auf die skulpturale Vergrößerung eines Daumens (»La Pouce«; 1965) von César, der 1971 in einer Auflage von 25 Exemplaren (je 40 cm hoch) für Daniel Spoerris Eat Art Galerie in Düsseldorf aus Gummibonbon-Masse hergestellt wurde.

Opera / Werk 112

ANGELO MAINERI
»Chlorophilie – verwurzelte Leben«
fiberverstärkter Mörtel, Höhe ca. 5m, 2017

Angelo Maineri bindet Körper in Stahl, Beton und Holz; scheinbar schwerelos und doch geerdet winden

sich Körper aus Stahlstelen und Baumstämmen. Maestro der Bildhauerei und seit 2016 verantwortlich

für die Pflege des Skulpturengartens lud Daniel Spoerri seinen Assistenten ein, eines seiner Werke im Garten zu installieren. Maineri – wie Spoerri – ein großer Kenner der klassischen Kunst und Literatur schlägt in seiner (italienischen)Werkbeschreibung auch einen kämpferischen Ton an; der die Natur zerstörenden Mensch ist doch am Ende von ihr abhängig und kann ihr nicht entkommen.

Opera / Werk 113

Daniel Spoerri
»Déterrement du Tableau Piège« (Teil 2)
2010, Bronze

1983 lässt Daniel Spoerri an einem Sommertag im Park von Jouy en Josas Tische vergraben; zuvor haben Gäste an einer 40 Meter langen Tafel ein Picknick im Grünen abgehalten.Während an den Tischen ausgelassen gefeiert wird, graben in einiger Entfernung Bagger eine 40 Meter lange und 2 Meter tiefe Rinne; Daniel Spoerri beendet das Bankett und lässt die Tische von den Gästen in die Rinne tragen. Das Picknick wird vergraben. Im August 2010 legt das INRAP* Teile des seit nunmehr 27 Jahren vergrabenen »Fallentisches« frei; ein Quadratmeter davon wurde in Bronze gegossen.

* INRAP: Institut national de recherches archéologiques préventives